Liebe Freundinnen und Freunde der Digitalen Gesellschaft,

ein weiteres turbulentes Jahr neigt sich dem Ende. Inmitten der nächsten Pandemiewelle haben wir nun eine neue Regierung, die zumindest netzpolitisch Vieles besser machen will. Dass es kaum schlechter als in den letzten Jahrzehnten geht, mag der neuen Ampel-Koalition dabei in die Hände spielen. Aber nicht nur die Größe der Baustellen läßt Zweifel daran aufkommen, ob die teilweise ambitionierten Ziele tatsächlich umgesetzt werden. Dass die Regierung als erstes großes netzpolitisches Thema erstmal ein „hartes Durchgreifen“ gegen Messenger setzt, läßt jedenfalls nichts allzu Gutes ahnen. Weder für eine grundrechtsorientierte Innenpolitik, noch für die anstehenden Trilog-Verhandlungen in der EU zum Digital Services Act, der trotz vieler Schwächen die Möglichkeit bietet, noch im kommenden Jahr das verfehlte NetzDG durch europäische Regeln zu ersetzen.

Es bleibt zu hoffen, dass zumindest das Versprechen der neuen Koalition umgesetzt wird, die Zivilgesellschaft ernst zu nehmen und ihr die demokratische Beteiligung tatsächlich zu ermöglichen. Wir werden sie jedenfalls beim Wort nehmen und uns weiterhin konstruktiv und mit der gebotenen kritischen Grundhaltung einbringen. Die Chance, die sich einer Lobby für digitale Grundrechte nun bietet, müssen wir nutzen: Gegen Staatstrojaner, Überwachungskapitalismus und Industrielobby, für digitale Grundrechte und eine offene und freie Gesellschaft.

Doch dazu brauchen wir Eure Unterstützung! Um weiter unabhängig zu bleiben und unsere Arbeit abzusichern und auszubauen, benötigen wir dringend mehr Fördermitglieder und Spenden. Derzeit können wir unsere Arbeit nur auf der Grundlage von Rücklagen leisten. Falls Ihr also 2021 noch den ein oder anderen Euro vor der Steuer retten wollt, habt Ihr noch ein paar Tage Zeit. Und wenn Ihr es noch nicht seid: Werdet Fördermitglieder!

In den Worten eines neuen Fördermitglieds: „Viele „Digitalthemen“ erhalten in den Medien nicht die nötige Aufmerksamkeit und werden von weiten Teilen der Gesellschaft trotz ihrer Dringlichkeit nicht mit der nötigen Resonanz bedacht. Daher braucht es eine starke Stimme zur Durchsetzung digitaler Grundrechte, dazu braucht es Euch. […] Ich wünsche mir […] faire digitale Kommunikation, die Privatsphäre und Datenschutz als Grundpfeiler unserer Gesellschaft stärkt statt aushöhlt. Eure Arbeit leistet dazu einen wichtigen Beitrag.“ Vielen Dank!

Wie Ihr unsere Arbeit unterstützen könnt, findet Ihr hier.

Themen:

1. Mitgliederversammlung und neuer Vorstand
2. Digital Services Act im Europaparlament
3. Verhaltensbasierte Werbung
4. Vorratsdatenspeicherung
5. Statuen gegen automatisierte Gesichtserkennung
6. 112. Netzpolitischer Abend & rC3
7. Netzpolitischer Abend im Kalender der guten Orte

1. Mitgliederversammlung und neuer Vorstand

Am 27. November hat sich die Digitale Gesellschaft zur hybriden Mitgliederversammlung getroffen. Dort wurde unter anderem ein neuer Vorstand gewählt: Benjamin Wolf und Rüdiger Weis wurden wiedergewählt und bleiben uns auch in den kommenden zwei Jahren als Vorstand erhalten. Volker Grassmuck, dem wir an dieser Stelle noch einmal ganz herzlich danken wollen, scheidet aus dem Vorstand aus. An seine Stelle tritt Elke Steven, die viele von Euch noch aus ihrer Zeit als Geschäftsführerin kennen. Herzlich willkommen zurück!

2. Digital Services Act im Europaparlament

Auch die vergangenen Wochen waren von den Diskussionen über den DSA in Brüssel geprägt. Vergangene Woche hat nun der federführende IMCO-Ausschuss seinen Bericht beschlossen, der die Grundlage für Parlamentsposition in den anstehenden Verhandlungen über die endgültige Fassung sein wird. Bis zuletzt heben wir versucht Einfluss zu nehmen und es wurden gegenüber dem Kommissionsentwurf auch einige Verbesserungen aufgenommen, auch wenn es ambitioniertere Positionen, etwa ein Verbot verhaltensbasierter Werbung, nicht in den Bericht geschafft haben. Eine erste Stellungnahme der Digitalen Gesellschaft zu dem Kompromiss findet Ihr hier.

3. Verhaltensbasierte Werbung

Im Rahmen der Privacy Week Berlin haben wir eine Diskussionsrunde mit Johnny Ryan und Jan Schallaböck über die Probleme verhaltensbasierter Werbung und die Möglichkeiten, ihr einen Riegel vorzuschieben, organisiert. Johnny Ryan vom Irish Council for Civil Liberties versucht seit Jahren der Praxis des real-time-bidding ein Ende zu setzen und hat unter anderem eine Klage vor dem Landgericht Hamburg eingelegt. Jan Schallaböck (iRights.Law), Rechtsanwalt und Datenschutzaktivist kämpft seit Jahren gegen Tracking und für ein ernstzunehmendes Datenschutzrecht. Die (englischsprachige) Diskussion kann hier noch einmal angesehen werden.

4. Vorratsdatenspeicherung

Am 18.11. hat der Generalanwalt beim Europäischen Gerichtshof sein Plädoyer zur deutschen Vorratsdatenspeicherung gehalten. Wie abzusehen war, hat er die ständige Rechtsprechung des EuGH zu Thema erneut dargelegt und klar festgestellt, dass auch die deutsche Regelung (die derzeit nur ausgesetzt ist) klar gegen europäisches Recht verstößt. Ebenfalls im Rahmen der Privacy Week Berlin haben wir noch am gleichen Tag mit dem Europaabgeordneten Patrick Breyer (Piraten) und Alexander Rabe, dem Geschäftsführer des Verbands der Internetwirtschaft – eco, über die bislang gescheiterten Versuche ihrer Einführung, vor allem aber auch über neue Anläufe einer europäischen Vorratsdatenspeicherung gesprochen, die derzeit in Brüssel geplant werden. Und natürlich über Gegenstrategien. Hier findet Ihr den Mitschnitt des Gesprächs.

5. Statuen gegen automatisierte Gesichtserkennung

Kurz vor dem Tag der Menschenrechte (10. Dezember) haben viele Statuen und Denkmäler beschlossen gegen automatisierte Gesichtserkennung aufzubegehren und sich kurzerhand eine Papiertüte über die Köpfe gezogen. Das einzige Mittel um sich im öffentlichen Raum vor Kameras zu schützen? Bilder von der Aktion findet Ihr hier.

6. 112. Netzpolitischer Abend & rC3

Einige Themen dieses Newsletters findet Ihr in den Aufzeichnungen des letzten NPAs in diesem Jahr wieder:

– Elke Steven – Bericht zur Mitgliederversammlung der Digitalen Gesellschaft

– Leonie Dorn von Algorithmwatch stellt die neuste Aktion der „Reclaim Your Face“-Kampagne vor und berichtet danach kurz zum aktuellen Stand der Verhandlungen zum EU AI Act. AlgorithmWatch ist eine gemeinnützige Forschungs- und Advocacy-Organisation zu den Auswirkungen von automatisierten Entscheidungssystemen auf die Gesellschaft.

– Friederike Rohde und Dominik Pietron stellen das Bündnis Digitale Stadt vor: Ein 2019 gegründetes Netzwerk, dass sich für eine demokratische und inklusive Digitalisierungspolitik in Berlin einsetzt. Unter anderem geht es um das Stadtportal www.berlin.de und wie es zum Grundstein für einen sicheren und demokratischen, digitalen Stadtraum werden kann.

– Zum Abschluss hält uns Tom auf dem Laufenden, wie es um die aktuellen Entwicklungen zum DSA steht

Alle Videomitschnitte findet Ihr hier.

Der nächste Netzpolitische Abend findet erst am ersten Februar statt. Im Januar fällt der NPA aus, dafür haben wir zwei Beiträge auf „der remote Chaos Experience“ (rC3) angemeldet:

Am 28. Dezember gibt es um 20h eine Gesprächsrunde zu „Licht und Schatten im Koalitionsvertrag“ und um 21h dann nochmal eine ausführliche Präsentation der „Reclaim Your Face Kampagne“ – Diesmal in europäischem Kontext.

Im Stream findet Ihr nicht nur diese beiden Talks, sondern alles was der „Online-Congress“ zu bieten hat. Es lohnt sich, da wie jedes Jahr viele netzpolitische, gesellschaftliche und technische Themen verhandelt werden.

Der Stream ist wie immer für alle erreichbar– wenn Ihr aber mal in die 2D-World reinschauen wollt um echtes Congress-Feeling bei konsequenter Kontaktvermeidung zu erleben, könnt Ihr Euch hier ein Ticket klicken. (Wir haben da auch einen kleinen DigiGes-Raum gebaut; könnt Ihr dann ja mal (be)suchen)

7. Netzpolitischer Abend im Kalender der guten Orte

Im „Kalender der guten Orte“ stellt netzpolitik.org jeden Tag im Dezember Organisationen, Projekte und Akteurinnen vor, die das große (und manchmal unübersichtliche) Netzwerk bilden, das so wichtig für die digitale Zivilgesellschaft ist: „Wir sind keine einsamen Einhörner, sondern Teil einer ganzen Herde.“ Dort darf natürlich der Netzpolitische Abend nicht feheln, den Ihr hinter dem 13. Türchen findet.

8. Digiges in der Presse

Vorratsdatenspeicherung

https://www.euractiv.de/section/innovation/news/eu-gutachten-zu-vorratsdatenspeicherung-erhoeht-druck-auf-spd/

Netzausbau

https://taz.de/Debatte-ueber-den-Netzausbau/!5817153/

Sichere Passwörter

Podcast auf Spotify

Wir wünschen Euch ein paar entspannte Feiertage und hoffen, Einige von Euch auf dem rC3 zu sehen.

Viele Grüße

Sebastian und Tom