Liebe Freundinnen und Freunde der Digitalen Gesellschaft,

die letzten Wochen waren recht ereignisreich für die Digitale Gesellschaft. Nicht nur liegen die Verhandlungen um den Digital Services Act im EU-Parlament in den letzten Zügen, auch in Deutschland gab es zwischenzeitlich Wahlen, wie die meisten von Euch wahrscheinlich mitbekommen haben. Mit der neuen Parlamentszusammensetzung geht für einen Verein wie die DigiGes die Arbeit natürlich erst so richtig los und so begleiten wir die laufenden Koalitionsverhandlungen kritisch. Ist ja an der Zeit, dass endlich mal etwas Brauchbares dabei rauskommt.

Unsere Fördermitgliederkampagne „100 Neue Lobbyistinnen und Lobbyisten“ ist gestartet. Und auch wenn es ein paar Neuzugänge gibt, könnte sie noch ein wenig mehr Fahrt aufnehmen. Gründe, die DigiGes zu unterstützen gibt es genug. Etwa: „[…] Daher sind die Grund- und Bürgerrechte im virtuellen wie im realen Raum zentral für unser Zusammenleben und brauchen eine engagierte Stimme. Aus diesen Gründen möchte ich gerne als einer der hundert neuen „Digital-Lobbyisten“ Eure wichtige Arbeit mit meiner Fördermitgliedschaft unterstützen“, wie es ein neues Fördermitglied sehr gut auf den Punkt genracht hat. Dankeschön!

Wenn Ihr uns bereits unterstützt, würde es uns auch sehr helfen, wenn Ihr Euren Beitrag ein wenig erhöht. Also: Falls Ihr in den letzten Jahren mal eine Gehaltserhöhung bekommen habt, denkt gerne an die DigiGes!

Themen:

1. Bundestagswahl und Koalitionsverhandlungen

2. Digital Services Act

3. Europol

4. Wikimedia und WIPO

5. Privacy Week Berlin 15. – 21. 11. 2021

6. 112. Netzpolitischer Abend – 7. 12. 2021

7. Netzpolitische Abende 110 & 111

8. DG in der Presse

1. Bundestagswahl und Koalitionsverhandlungen

Anknüpfend an unsere Eckpunkte für eine netzpolitische Agenda für die kommende Legislatur aus dem Frühjahr, haben wir uns das Sondierungspapier der möglichen Ampelkoalition angeschaut. Auch wenn es netzpolitisch verhalten optimistisch stimmt, werden wir sehr genau hinschauen, ob die künftige Koalition und ihre Regierung tatsächlich eine Kehrtwende hinlegen: Nicht nur die großen Baustellen angehen, sondern auch die Fehler der Vergangenheit korrigieren und die Interessen der Bevölkerung in den Mittelpunkt einer auf Grundrechten basierten Politik stellen. Skepsis bleibt jedenfalls angebracht, wenn wir uns das bisherige Regierungshandeln der beteiligten Parteien in den vergangenen Jahren in Bund und Ländern anschauen. Wir werden jedenfalls auch in den kommenden vier Jahren das Handeln der Regierenden kritisch begleiten und uns einmischen, wo es nötig ist.

Im Rahmen der „Digitalen Zivilgesellschaft“ haben wir uns an der Ausarbeitung und Koordination verschiedener Digitalvisionenen von unterschiedlichsten Organisationen beteiligt. Dass die Digitalisierung in Deutschland bislang politisch weitgehend gescheitert ist und selbst Leuchtturmprojekte zumeist kläglich untergehen, ist zum Allgemeinplatz geworden. Um aufzuzeigen, dass das längst nicht so bleiben muss und dass die Digitalisierung noch große Potenziale für eine lebenswertere Gesellschaft bereithält, sollen die Visionen demnächst auch an die Abgeordneten des neuen Bundestags versandt werden.

2. Digital Services Act

Ein großer Schwerpunkt der vergangenen Wochen lag auf dem Digital Services Act, der gerade im Rat der Europäischen Union und im Europäischen Parlament verhandelt wird. Die finalen Abstimmungen im federführenden IMCO-Ausschuss und im Plenum des Europäischen Parlaments stehen nun an.

Dazu haben wir einige zentrale Punkte dieses umfangreichen Regulierungswerks herausgearbeitet und neun Forderungen aufgestellt, um die geplante Plattformregulierung im Sinne der Nutzerinnen und Nutzer und ihrer Grundrechte zu gestalten: Digitale Dienste – Digitale Rechte

Neben Hintergrundgesprächen mit Verantwortlichen haben wir auch – gemeinsam mit anderen Organisationen – versucht, öffentlichen Druck auf die Abgeordneten im Europäischen Parlament auszuüben. In einem offenen Brief von 14 Organisationen an alle Abgeordneten haben wir einige Kernforderungen herausgearbeitet, insbesondere bezüglich des Haftungsregimes und starrer Fristen für das Löschen von Inhalten.

In einem weiteren offenen Brief an die Mitglieder des Binnenmarkts- und Verbraucherschutzausschusses (IMCO) haben wir gemeinsam mit 49 anderen Organisationen noch einmal deutlich auf die Probleme von Empfehlungsalgoritmen und mögliche Lösungen hingewiesen. Eine Diskussion, die nicht zuletzt durch die Anhörung der Whistleblowerin Frances Haugen nun deutlich intensiver geführt wird.

3. Europol

Am 21. Oktober hat das Europäische Parlament seine Verhandlungsposition für die geplante neue Europol-Verordnung beschlossen. Ebenso wie Kommission und Rat spricht sich das Parlament für eine massive Ausweitung der Kompetenzen aus. Insbesondere im Bereich der KI-Entwicklung soll Europol zukünftig eine zentrale Rolle zukommen. Nicht nur dürfte eine solche Ausweitung die im Vertrag von Lissabon festgelegten Kompetenzen überschreiten. Die geplante KI-Forschung widerspricht den vom Parlament noch kurz zuvor in einer Entschließung festgelegten Beschränkungen der Nutzung von KI für Polizei- und Strafverfolgungsbehörden. Betroffenen- und Verteidigungsrechte werden nicht im Ansatz gewahrt und die Aufsicht ist unzureichend ausgestaltet.

Die Digitale Gesellschaft hat sich daher – leider erfolglos – mit verschiedenen anderen Organisationen in einem offenen Brief an die Mitglieder des EU-Parlaments gewandt, sich gegen diese Position zur Europol-Reform auszusprechen.

4. Wikimedia und WIPO

Der Wikimedia Foundation wurde erneut der Beobachterstatus in der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) verwehrt. Die Volksrepublik China, die sich offiziell auf die Tatsache beruft, dass es ein Wikimedia-Chapter in Taiwan gibt, hat – wie bereits 2020 – ein Veto zur Akkreditierung eingelegt. Tatsächlich dürfte Wikimedia und der von ihr geförderte freie Austausch von Wissen der Volksrepublik aber insgesamt ein Dorn im Auge sein: Wikipedia ist dort, wie in anderen autoritären Staaten gesperrt. Da den Regeln der WIPO eine zentrale Rolle bei der Verbreitung von freiem Wissen zukommt und daher Organisationen, die sich weltweit für deren freien Zugang einsetzen, enorm wichtig sind, hat die Digitale Gesellschaft gemeinsam mit zahlreichen anderen Organisationen noch während der Jahrestagung in einem offenen Brief an die Delegationen die Akkreditierung der Wikimedia eingefordert, auch um den Druck für eine erneute Bewerbung im nächsten Jahr zu erhöhen.

5. Privacy Week Berlin 2021

Angelehnt an die PrivacyWeek, eine Konferenz, die der Chaos Computer Club Wien (C3W) jährlich veranstaltet, findet in Berlin vom 15. – 21. November eine Veranstaltungswoche statt. Ausgerichtet wird die Privacy Week Berlin von einem Bündinis aus Zivilgesellschaft, Wissenschaft und der Tech-Community. Die Beiträge gibt es dieses Jahr komplett online.

Das „Recht auf Privatsphäre“ ist ein Menschenrecht. Angesichts der gesellschaftlichen Entwicklungen in Deutschland und weltweit soll mit der Privacy Week Berlin 2021 erneut ein gemeinsames Zeichen gegen den Abbau unserer demokratischen Grundrechte und den Rechtsdrift in Teilen der Gesellschaft gesetzt werden. Mit einem bunten Programm von Vorträgen, Workshops, Crypto-Parties, Kunst- und Protestaktionen oder auch Podiumsdiskussionen nehmen wir das Thema auf. Das Programm verbindet Institutionen, Aktionsgruppen und Einzelakteure und eröffnet die Möglichkeit eigene Formate einzubringen.“

Die DigiGes ist mit dabei und plant zwei Vorträge:

Dienstag 16. 11. 14:30h – 15:30h: „Behavioral Advertising – Fossil Fuel of the Internet“ mit Dr. Johnny Ryan (Irish Council for Civil Liberies ICCL) und Jan Schallaböck (iRights law) (englisch)

Donnerstag 18. 11. 15h – 16:30h: „Vorratsdatenspeicherung – Totgeglaubte leben länger“ mit Dr. Patrick Breyer (Europaabgeordneter Piratenpartei ) und Alexander Rabe (Geschäftsführer Verband der Internetwirtschaft eco)

6. 112. Netzpolitischer Abend

Der nächste Netzpolitische Abend findet am 7. Dezember statt. Voraussichtlich wird es unter anderem Neues von der Reclaim Your Face-Kampagne geben. Wenn die Pandemieentwicklung es erlaubt jedenfalls wieder mit klugen Gesprächen an der Bar und vielen netten Leuten! Wie immer an Bord der c-base (Rungestr. 20, 2.HH) ab 20h, mit Impfnachweiskontrolle.

7. Rückblick Netzpolitische Abende 110 & 111

Beim Oktober-NPA hielt Matthias Monroy einen Vortrag zum geplanten Ein-/Ausreisesystem an den Außengrenzen der EU: „Milliarden für die Grenzbiometrie“. Tom stellt unsere bereits erwähnten neun Forderungen und den aktuellen Stand zum DSA vor. Hier gibt es die Videos.

Der 111. Netzpolitische Abend Anfang November war der erste, den wir unter der 2G-Regelung veranstalten konnten, also endlich wieder vor „vollem Haus“. Die Beiträge von Benjamin Derin zu Enchrochat und von erdgeist (CCC) zu den „Formulierungshilfen für Digitales im neuen Regierungsprogramm“ gibt es zum zeitsouveränen Medienkonsum hier.

Vielen Dank noch mal an das Publikum, mit dem wir unseren 10. Geburtstag und den 100. NPA nachfeiern konnten und natürlich auch an Tasmo, der für die Musik gesorgt hat.

8. DG in der Presse

Facebook und Digital Services Act

https://www.berliner-zeitung.de/wochenende/wer-beschneidet-die-macht-von-facebook-li.193179

Funkzellenabfragen in Berlin

https://taz.de/Einblick-in-Funkzellenabfragen/!5802446/

Digital Services Act

https://netzpolitik.org/2021/digital-services-act-digital-ngos-fordern-mehr-macht-fuer-nutzerinnen/

Zero Rating

https://netzpolitik.org/2021/zero-rating-kein-spielraum-fuer-verletzungen-der-netzneutralitaet/

TikTok

https://www.weser-kurier.de/politik/ausland/tiktok-im-visier-der-datenschuetzer-irische-behoerde-ermittelt-doc7hmzhpthup2rvgl89sl

111. Netzpolitischer Abend

https://netzpolitik.org/2021/digitale-gesellschaft-netzpolitischer-abend-in-berlin-feiert-jubilaeum/

 



	
	
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