„Wir freuen uns über die TTIP-Leaks. Nun liegen endlich klare Belege dafür vor, wie mit dem Abkommen der Abbau des demokratischen Rechtsstaats vorangetrieben werden soll. Die Enthüllungen wiegen umso schwerer, als dass die Unterhändler auf beiden Seiten des Atlantiks der Öffentlichkeit bislang nur mit einer Mischung aus Beschwichtigungen und Geheimniskrämerei begegnet sind. Damit haben sie jegliches Vertrauen in die weiteren Verhandlungen verspielt, und deshalb muss TTIP scheitern. Künftig darf es keine Handelsabkommen mehr ohne Transparenz und ohne frühzeitige Beteiligung der Zivilgesellschaft geben.“, fordert Alexander Sander, Hauptgeschäftsführer des Vereins Digitale Gesellschaft.

Wie der Rechercheverbund von SZ, NDR und WDR gestern berichtete, wird Greenpeace am heutigen Montag umfangreiche Verhandlungsdokumente zu dem geplanten Freihandelsabkommen TTIP veröffentlichen. Daraus geht unter anderem hervor, dass die USA in den Verhandlungen massiven Druck auf die EU ausüben, um wichtige rechtsstaatliche Schutzmechanismen auszuhebeln. So bestehen die Vereinigten Staaten zum Zweck des Investorenschutzes auf der Einrichtung privater Schiedsgerichte, die unter Ausschluss der Öffentlichkeit verhandeln. Dort sollen Unternehmen die Möglichkeit haben, Staaten auf Schadensersatz in Millionenhöhe zu verklagen, falls etwa neue Gesetze zum Verbraucherschutz den Wert ihrer Investitionen schmälern. Setzen sich die USA mit dieser Forderung durch, würde eine Paralleljustiz etabliert, die sich der demokratischen Kontrolle entzieht und Unternehmen zugleich mittelbaren Einfluss auf die Gesetzgebung verschafft. Mindestens ebenso bedenklich ist die geplante regulatorische Kooperation. Danach sollen die USA die Möglichkeit erhalten, auf EU-Gesetzesvorhaben Einfluss zu nehmen, bevor überhaupt ein Formulierungsvorschlag auf dem Tisch liegt. Auch dieser Teil des Abkommens läuft also auf eine Aushebelung elementarer demokratischer und rechtsstaatlicher Prinzipien hinaus.

Die Enthüllungen machen deutlich, dass den Beschwichtigungen der EU-Kommission, TTIP führe nicht zu einer Verwässerung rechtsstaatlicher Standards, kein Glauben geschenkt werden darf. Damit ist spätestens jetzt das Vertrauen in ihre Fähigkeit ein Abkommen auszuhandeln, welches den Interessen von 500 Millionen Menschen in Europa gerecht wird, irreparabel beschädigt. Eine Fortsetzung der TTIP-Verhandlungen, noch dazu wie bisher im Geheimen, kann es unter diesen Umständen nicht geben. Um derartige Desaster künftig zu vermeiden, müssen bei sämtlichen internationalen Handelsabkommen Transparenz und eine möglichst frühzeitige Beteiligung der Zivilgesellschaft zu selbstverständlichen Standards werden.

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