“Eine flächendeckende Versorgung mit offenen Funknetzen gehört zu den Grundlagen einer digitalen Gesellschaft. Der Gesetzgeber muss die WLAN-Störerhaftung daher auch für Privatleute ersatzlos abschaffen anstatt hier neue Hürden aufzubauen.”, sagt Alexander Sander, Geschäftsführer des Vereins Digitale Gesellschaft.

Voraussichtlich Ende kommender Woche wird der Bundestag über die WLAN-Störerhaftung debattieren. Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2010 gehen private Funknetzbetreiber stets ein hohes Haftungsrisiko ein, wenn sie Dritten einen Netzzugang über ihr WLAN gewähren. Kommt es dabei zu Rechtsverstößen durch Dritte, so müssen die Betreiber des WLAN dafür gerade stehen. Telekommunikationsunternehmen wie die Deutsche Telekom oder Vodafone hingegen können sich nach Ansicht der Rechtsprechung auf das sogenannte Providerprivileg im Telemediengesetz berufen und sind daher für Fehlverhalten ihrer Kundinnen und Kunden nicht verantwortlich.

Diese Rechtslage hat verheerende Konsequenzen: einer Studie des Providerverbandes eco zufolge gibt es hierzulande derzeit gerade einmal 15.000 offene Hotspots. Im internationalen Vergleich schneidet Deutschland damit mehr als kläglich ab. Während hier nur gut 1,9 offene Funknetzzugänge auf 10.000 Einwohner kommen, sind es etwa in Schweden schon knappe 10 und im Vereinigten Königreich sogar über 28.

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Die bestehende Situation ist nicht nur innovationsfeindlich, sie verhindert auch altruistisches Handeln und eine flächendeckende Teilhabe der Menschen an den Möglichkeiten, die der digitale Wandel eröffnet. Zwar hat die Bundesregierung sowohl in der Koalitionsvereinbarung als auch in der Digitalen Agenda angekündigt, die WLAN-Störerhaftung abzuschaffen. Bei näherer Betrachtung erweisen sich ihre Pläne jedoch als halbherzig, inkonsequent und wirkungslos. Das Providerprivileg soll demnach nur auf öffentliche Hotspots wie Cafés, Hotels oder Flughäfen ausgedehnt werden. Im Gegenzug will die Bundesregierung diese Anbieter außerdem dazu verpflichten, ihre Nutzerinnen und Nutzer zu identifizieren und den Datenverkehr zu überwachen, “um keine Einfallstore für anonyme Kriminalität im Internet” entstehen zu lassen. Rein private Betreiber hingegen sollen weiterhin der WLAN-Störerhaftung unterliegen.

Damit bleibt die Bundesregierung weit hinter dem Ziel zurück, die Verbreitung und Verfügbarkeit offener Netzzugänge zu befördern. Private Betreiber werden ihre WLANs weiterhin verschlüsseln und für Dritte unzugänglich halten, da mit der geplanten Gesetzesänderung klargestellt wird, dass das Providerprivileg gerade für sie nicht gilt. Nutzerinnen und Nutzer wiederum werden auf öffentliche Hotspots nur zögerlich und mit Unbehagen zurückgreifen, wenn sie dabei in Kauf nehmen müssen, dass ihr Surfverhalten vollständig personalisiert und überwacht wird. Die Befürchtung der Bundesregierung, mit einer bedingslosen Ausweitung des Providerprivilegs zugleich Einfallstore für anonyme Kriminalität im Internet zu schaffen, entbehrt zudem jeder sachlichen Grundlage. So ist beispielsweise in den USA, wo den Interessen von Urhebern und Verwertern traditionell großes politisches Gewicht zukommt, eine der weltweit höchsten Abdeckungsraten mit offenen Netzzugängen zu verzeichnen.

Der Digitale Gesellschaft e.V. hat bereits 2012 einen konkreten Gesetzesentwurf vorgelegt, um Privatpersonen und Gewerbetreibende gleichermaßen und ohne weitere Bedingungen von der WLAN-Störerhaftung freizustellen. Der Entwurf wurde nun auch von den Oppositionsfraktionen aufgegriffen und wird als gemeinsamer Antrag die Grundlage der anstehenden Bundestagsdebatte darstellen.

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