Liebe Freundinnen und Freunde des Digitale Gesellschaft e. V.,
was für ein Monat! Besonders in der letzten Woche war einiges los: nachdem die Telekom sich nun endgültig von der Netzneutralität verabschieden möchte, haben wir prompt mit einem großen Gegen-Kampagne reagiert, während gleichzeitig in Brüssel eine europäische Datenschutz-Kampagne an den Start ging, die wir mit organisiert haben. Daneben ging fast unter, dass die Fluggastdatenspeicherung bald vom Tisch sein könnte und wir die EU-Kommission aufgefordert haben die Abmahnindustrie zu regulieren. Zudem gibt’s im Verein etliche Neuigkeiten – einige wollen wir euch auf der diesjährigen re:publica vorstellen. Dort werden wir diesen Monat übrigens auch unseren Netzpolitischen Abend hin verlagern.
Darüber und über einiges mehr informiert wie immer unser Newsletter.
Euer Digitale Gesellschaft e. V.
- #Drosselkom: Deutsche Telekom verkündet Einstieg in den Ausstieg aus der Netzneutralität
- Nackt statt geschützt? Bericht zur europäischen Datenschutzreform
- Wir haben der EU-Kommission geschrieben: Diese soll Schritte gegen Abmahnindustrie unternehmen
- Richtlinie über Fluggast-Daten: EU-Innenausschuss stimmt gegen Vorratsdatenspeicherung von Reisenden
- Digiges @ re:publica und re:campaign
- Rückblick auf den Netzpolitischen Abend im April 2013
- Netzpolitischer Abend am 4. Juni in Berlin und im Netz
- Sonstiges: Die SZ bescheinigt uns hervorragende Arbeit
- Die Debatte um Netzneutralität wird lang werden: Fördere uns, damit wir besser fordern können!
- Termine
1. #Drosselkom: Deutsche Telekom verkündet Einstieg in den Ausstieg aus der Netzneutralität
Seit einer Woche hat die Debatte um Netzneutralität in Deutschland einen neuen Höhepunkt erreicht. Die Deutsche Telekom verkündete die Abschaffung von Flatrates und bestätigte dabei gleichzeitig, dass man die eigenen Dienste gegenüber der Konkurrenz bevorzugen und damit die Netzneutralität verletzen wird. Neuverträge werden ab dem 2. Mai mit einer Drosselung bei bestimmten Volumina verkauft. Bei den üblichen DSL-Verträgen mit “bis zu” 16 Mbit/s wird ab 75 GB auf sechsfache ISDN-Geschwindigkeit gedrosselt, bei “bis zu”50 MBit/s ab 200 GB.
Die Strategie der Telekom ist durchsichtig: Wenige Intensivnutzer dienen als Vorwand um Netzneutralität für alle abzuschaffen. Die Bevorzugung von Diensten wie Telekoms Entertain oder Spotify im Mobilfunknetz sind erst der Anfang. Das Ziel der Deutschen Telekom ist es, über sogenannte Managed Services Inhalteanbieter zur Kasse zu bitten, um diese privilegiert zu den Kunden durchleiten zu können. Es darf nicht sein, dass finanzstarke Partner gegenüber allen anderen bevorzugt durchgeleitet werden. Das zementiert nur bestehende Strukturen. Youtube & Co können sich diesen Überholspuren leisten. Auf diese Weise wird die Innovationsoffenheit des Internet beschnitten, indem neue, finanzschwächere Anbieter ausgebremst werden. Das kann auch Auswirkungen auf Meinungs- und Pressefreiheit haben.
Die Verletzung der Netzneutralität ist für die Deutsche Telekom kein Neuland. Bereits in einigen Mobilfunktarifen der Tochterfirma T-Mobile werden Services wie VoIP oder Peer-to-Peer-Kommunikation rechtlich und technisch untersagt. Was dort fälschlicherweise als Internet verkauft wird, ist aber kein echtes Netz.
Die geplante Drosselung führt auch zu einer neuen, sozialen Diskriminierung, denn besonders Familien werden von den Drosselplänen betroffen sein. Schon heute wird das Internet von Mitgliedern einer Familie parallel für verschiedene Dienste genutzt. Täglich die Tagesschau in HD und ein paar YouTube-Videos – schon ist das Limit bei den kleinen Tarifen erreicht und der Anschluss wird gedrosselt. Das kann den sozialen Frieden in Familien nachträglich beeinflussen.
Die Politik muss handeln und ein Echtes Netz sicherstellen. Das geht nur mit einer gesetzlichen Festschreibung der Netzneutralität und starken Aufsichtsbehörden. Außerdem fordert der Digitale Gesellschaft e.V., dass nur als Flatrate verkauft wird, wo auch eine echte Flatrate drin ist. Alles andere ist Verbrauchertäuschung und gehört effektiv untersagt.
Unsere Pressemitteilungen zum Thema:
Seit gestern ermöglichen wir Unterstützer der Deutschen Telekom, diese bei der Kommunikation ihrer neuen Tarifstruktur zu unterstützen. Mit Hilfe unseres T-Remixer-Tool können Werbemotive der Telekom mit eigenen Werbebotschaften versehen werden. In Anlehnung an den Kundenservice “telekom-hilft” findet sich das Werkzeug unter http://www.hilf-telekom.de/.
In zwei Videos erklären wir die Drosselpläne anhand von Original-Telekom-Werbespots:
Drosselkom-Protest in die Charts
Der Song “Funktional kaputt” von David_1701 ist der passenden Soundtrack zur #Drosselkom. Wir haben uns sehr gefreut, dass David_1701 diesen bei iTunes und Amazon für 99 Cent eingestellt hat und die Erlöse an uns spenden möchte. Bereits am ersten Tag kam der Song in die Top 50 der iTunes-Charts.
https://itunes.apple.com/de/album/funktional-kaputt/id640446959?i=640446965
http://www.amazon.de/dp/B00CIZSWNM
Bereits vor der Verkündung der Drosselkom-Plänen forderten über 80 Bürgerrechts- und Verbraucherschutzorganisationen zusammen mit uns die EU-Kommission auf, endlich EU-weit das Prinzip der Netzneutralität zu sichern. In einem Brief fordern wir, dass freie Kommunikation und Meinungsäußerung immer mehr eingeschränkt und immer häufiger in die Offenheit und Neutralität des Internets eingegriffen werde.
https://digitalegesellschaft.de/2013/04/netneutrality-callforaction/
Informiere Dich über Netzneutralität in unserem Handbuch:
https://digitalegesellschaft.de/2012/12/jetzt-neu-unser-handbuch-netzneutralitat/
Mehr zu unserer Kampagne und Forderungen findest Du unter
2. Nackt statt geschützt? Bericht zur europäischen Datenschutzreform zeigt gravierende Mängel – Europaweite Datenschutzkampagne gestartet
Eine Koalition von neun europäischen Bürgerrechtsorganisationen hat in der vergangenen Woche einen Bericht zur europäischen Datenschutzreform vorgestellt. In diesem werden die rund 4.000 Änderungsanträge zur Datenschutzgrundverordnung, die derzeit im Europäischen Parlament verhandelt werden, analysiert. Die Ergebnisse sind alarmierend: Unternehmen und ausländische Regierungen haben den ursprünglich datenschutzfreundlichen Entwurf der Europäischen Kommission durch intensives Lobbying massiv aufgeweicht. Bestehende Datenschutzrechte könnten sogar abgeschafft werden, wenn es nach den Anträgen der Liberalen und Konservativen geht.
Der im Europäischen Parlament federführende Ausschuss für Bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE) stimmt nach neustem Stand am 19. Juni über seine Position zur Datenschutzgrundverordnung ab. Auf der neugeschaffenen Kampagnenseite nakedcitizens.eu können deshalb die Bürgerinnen und Bürger ihre Europaabgeordneten auffordern, sich für den Schutz ihrer Privatsphäre einzusetzen. Der Digitale Gesellschaft e.V. hat zur Bekräftigung dieses Anliegens Postkarten mit Nacktmotiven an die Mitglieder des LIBE-Ausschusses versandt. Ihr könnt das auch tun, und zwar mit dem Postkartengenerator auf nakedcitizens.eu, den der Digitale Gesellschaft e. V. zur Kampagne beigesteuert hat.
Wir bleiben dran an der Datenschutzverordnung und werden in den verbleibenden Wochen nicht locker lassen, unsere Abgeordneten in Brüssel daran zu erinnern, dass Datenschutz ein unverkäufliches Grundrecht ist. Ihr auch?
Unsere Pressemitteilung zum Start von nakescitizens.eu:
https://digitalegesellschaft.de/2013/04/eudatap-pressrelease/
Die deutsche Übersetzung des Reports findet ihr hier:
https://digitalegesellschaft.de/wp-content/uploads/2013/04/EUDATAP_REPORT_DE1-0.pdf
Bastelt und versendet Postkarten an die EU-Abgeordneten auf der europäischen Kampagnen-Seite:
Unser allgemeiner Aktionsaufruf:
https://digitalegesellschaft.de/mitmachen/datenschutzkampagne/
Noch mal zum Nachlesen – Die EU-Datenschutzverordnung in 10 Punkten:
3. Wir haben der EU-Kommission geschrieben: Diese soll Schritte gegen die Abmahnindustrie unternehmen
In diesem Monat haben wir Viviane Reding, Vize-Präsidentin der Europäischen Kommission und zuständig für Justiz, Grundrechte und Bürgerschaft sowie Michel Barnier, Kommissar für Binnenmarkt und Dienstleistungen, einen Brief geschrieben. Das Anliegen ist die EU-Richtlinie zur Durchsetzung des geistigen Eigentums, die bei uns zu dem Unwesen geführt hat, was man “Abmahnindustrie” nennt. Wir bitten die EU-Kommission zu überprüfen, ob 4,3 Millionen Abmahnungen wegen vermeintlicher Urheberrechtsverletzungen noch verhältnismäßig und die Auswüchse mit der EU-Richtlinie vereinbar sind. Aus unserer Sicht sprechen einige Punkte dagegen und wir bitten die EU-Kommission zu prüfen, ob in diesem Fall ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet werden muss.
Hier ein Link zum Brief im Wortlaut als PDF: https://digitalegesellschaft.de/wp-content/uploads/2013/04/anschreiben_eu_kommission.pdf
4. Richtlinie über Fluggast-Daten: EU-Innenausschuss stimmt gegen Vorratsdatenspeicherung von Reisenden
Die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung von Fluggastdaten (PNR = Passenger Name Records) in Europa steht womöglich vor dem Aus. Der Innenausschuss des Europäischen Parlaments hatte vor einer Woche gegen die jahrelange, anlasslose Speicherung von Fluggastdatensätzen gestimmt. Ein Kompromiss mit Rat und Kommission ist damit unwahrscheinlich. Der weitere Verlauf der Richtlinie ist jedoch derzeit nicht vorherzusagen. Eigentlich verhandelt der Parlaments-Ausschuss nur das Mandat des Berichterstatters für die Verhandlungen mit dem Rat. Mit den angenommenen Änderungsanträgen hat der Ausschuss jedoch am Mittwoch effektiv gesagt, dass er keine Verhandlungen über eine PNR-Richtlinie will. Unsere Brüssel-Spezialisten sagen, dass es für diesen speziellen Fall keine klaren Regeln gibt, quasi ein Bug in der Geschäftsordnung des Parlaments. Für das weitere Vorgehen gibt es daher keinen offiziellen und korrekten Fahrplan.
Wir halten euch weiter auf dem Laufenden und werden im Zweifel weiter fleißig die entsprechenden EU-Abgeordneten mit unseren Vorschlägen nerven.
Bis es zu einer endgültigen Entscheidung gekommen ist, läuft unsere kleine Kampagne weiter:
http://pnr.digitalegesellschaft.de/
5. Digiges @ re:publica und re:campaign
Vom 6. – 8. Mai findet in der Station Berlin die re:publica 13 statt. Am Dienstag, dem zweiten Konferenz-Tag, verlegen wir unseren Netzpolitischen Abend auf den späten Nachmittag.Unter dem Titel: „Netzpolitischer Nachmittag: IN/SIDE/OUT #digiges“ geben unsere Mitglieder Lavinia Steiner, Leonhard Dobusch und Ulf Buermeyer und unsere Mitarbeiter Linnea Riensberg ein Update unsere Arbeit. Wir konzentrieren uns auf die Themen Netzneutralität, europäische Datenschutzreform und Störerhaftung. Außerdem haben wir eine neue Kampagne und ein paar Neuigkeiten für euch. Vorbeikommen lohnt sich also. Und hoffentlich gibt es auch wieder für alle Daheimgebliebenen einen Livestream.
Netzpolitischer Nachmittag: IN/SIDE/OUT #digiges
- Mai 17:30 – 18:30
Stage 2
http://re-publica.de/sessions/netzpolitischer-nachmittag-insideout-digiges
Zusätzlich werden wir Dienstag einen Workshop auf der re:campaign im Rahmen der re:publica bespielen. Dort stellen wir eine neue Kampagne von uns vor und laden zu einer Diskussion über ‚Positive Campaining‘ ein. Eine genaue Uhrzeit steht noch nicht fest. Also haltet die Augen auf.
6. Rückblick auf den Netzpolitischen Abend im April 2013
Am letzten Netzpolitischen Abend (2. April 2013) hatten wir drei spannende Gäste zu besucht, deren Talks auf unserem YouTube Channel zu finden sind.
Meinhard Starostik (Richter am Verfassungsgerichtshof Berlin) sprach über die Bestandsdatenauskunft:
Volker Grassmuck (Professor an der Leuphanauniversität Lüneburg) sprach über: WikiGrundversorgung – Was bedeutet Öffentlich-Rechtlich im digitalen Zeitalter?
Und Frank Rieger vom CCC hat uns über die Gefahren von Drohnen aufgeklärt:
7. Netzpolitischer Abend am 4. Juni in Berlin und im Netz
Da unser offiziell nächster Termin auf die re:publica verlegt wurde (siehe Punkt 5), kommen wir erst wieder am Dienstag, dem 4. Juni in die Berliner c-base und per Livestream zu euch nach Hause. Speaker und Themen werden rechtzeitig bekannt gegeben.
8. Sonstiges: Die SZ bescheinigt uns hervorragende Arbeit
Etwas Aufmunterndes zum Schluss: Letzten Samstag (27. April) wurden wir im Leitartikel „Netz-Utopien“ der Süddeutschen Zeitung als lobendes Beispiel erwähnt:
„Erste Anzeichen für eine solche Bürgerbewegung gibt es auch in Deutschland – die Digitale Gesellschaft, der Chaos Computer Club oder Konferenzen wie die re:publica leisten hervorragende Arbeit. Der Ausbau der Netzes wird jedenfalls ein Ringen um Hoheiten bleiben. Dieses darf man nicht Politik und Wirtschaft allein überlassen.“
Der gesamte Artikel ist noch zu finden unter:
9. Die Debatte um Netzneutralität wird lang werden: Fördere uns, damit wir besser fordern können!
Es ging heiß her letzte Woche. Wir waren sehr erfreut, dass wir aufgrund unserer Arbeit einige neue Fördermitglieder gewinnen konnten. Werde auch du Fördermitglied hilf uns dabei weiterhin gegen die großen Konzerne mit ihren Millionen von Euros Position zu beziehen.
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Viele Grüße und Danke für Eure Unterstützung!
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