„Die EU muss den Missbrauch europäischer Überwachungstechnologien endlich wirksam unterbinden. Dazu brauchen wir auf Unionsebene einen allgemeinen Vorbehalt für den Export solcher Werkzeuge, die in den Empfängerstaaten zu menschenrechtswidrigen Zwecken eingesetzt werden.“, fordert Volker Tripp, politischer Referent des Vereins Digitale Gesellschaft.

Aus Europa gelieferte Überwachungstechnologien werden weltweit von autokratischen Staaten verwendet, um Aktivisten, Journalisten und Regimekritiker auszuhorchen, zu unterdrücken, zu foltern und zu töten. In den EP-Ausschüssen für internationalen Handel (INTA) und Menschenrechte (DROI) fand daher heute eine Expertenanhörung zur Fortentwicklung der Exportkontrolle derartiger Technologien statt. Einig waren sich die Fachleute aus Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft darin, dass Menschenrechtsverletzungen durch europäische Überwachungstechnologien wirksam unterbunden werden müssen. Um dies zu erreichen, so die Experten, dürfe vor allem Verschlüsselungstechnik, mit der sich Betroffene in Autokratien vor staatlichen Zugriffen schützen, nicht der Ausfuhrkontrolle unterworfen werden.

Wie darüber hinaus der Missbrauch von Überwachungstechnologien wirksam eingedämmt werden kann, beantworteten die Experten allerdings unterschiedlich. Die Vertreter aus Wissenschaft und Zivilgesellschaft befürworteten starke Auffangtatbestände (sogenannte Catchalls), um auch künftige Entwicklungen im Bereich der Überwachungstechnologien effektiv zu erfassen. Repräsentanten der Wirtschaft  hingegen warnten vor einer Überregulierung, welche Innovationen bei Werkzeugen für Software- und Systemsicherheit beeinträchtigen könne. Wiederum einhellig sprachen sich die Experten dafür aus, auf lange Sicht ein weltweit einheitliches Kontrollregime für Überwachungsexporte, etwa auf UN-Ebene, zu schaffen.

Überwachungstechnologien wurden Ende 2014 erstmals in die Dual Use-Verordnung, das EU-Regelwerk für die Exportkontrolle, aufgenommen. Zur Zeit werden darüber jedoch nur Ausfuhren solcher Überwachungstechnologien erfasst, die im Anhang der Verordnung ausdrücklich definiert und gelistet sind. Um bei der Entwicklung eines weltweiten Exportregimes für diese Technologien mit gutem Beispiel voranzugehen, muss die EU nun einen allgemeinen Menschenrechtsvorbehalt in die Dual Use-Verordnung aufnehmen. Nur auf diese Weise kann langfristig sichergestellt werden, dass europäische Unternehmen keine Geschäfte mit der Verletzung von Menschenrechten machen.