“Die großartigen Möglichkeiten zur sozialen Vernetzung und zur Fortentwicklung der Gesellschaft, die uns das Internet eröffnet hat, werden durch den Datenhunger von Staat und Unternehmen zunehmend verspielt. Statt das Netz allein als ökonomische und administrative Sphäre zu betrachten, müssen Politik und Wirtschaft es endlich auch als Stätte der individuellen Entfaltung und der politischen Beteiligung, kurz als eigenständigen Lebensraum begreifen.”, erklärt Markus Beckedahl, Sprecher des Vereins Digitale Gesellschaft.

Mit der Übermittlung der schlichten Textnachricht „lo“ begann heute vor 45 Jahren die Geschichte dessen, was wir heute als Internet kennen. Was als Verbund von damals gerade zwei Rechnern anfing, ist in der Zwischenzeit zu dem weltweiten Netzwerk angewachsen, das heute Menschen rund um den Globus nutzen, um zu kommunizieren, politische Teilhabe auszuüben, sich zu informieren und persönlich zu entfalten. Auch wenn digitale Technologie bereits viele Lebensbereiche durchdrungen hat, steht die Entwicklung hin zu einer digitalen Gesellschaft heute immer noch am Anfang. Obwohl jetzt die Zeit für wichtige Weichenstellungen auf diesem Weg ist, bleiben die Antworten aus Politik und Wirtschaft auf Fragen des digitalen Wandels, wie die Digitale Agenda der Bundesregierung und der Verlauf des Nationalen IT-Gipfels belegen, lückenhaft und eindimensional.

Markus Beckedahl dazu: “Netzneutralität, Breitbandausbau, Urheberrecht, WLAN-Störerhaftung, Massenüberwachung und Datenschutz sind aktuell nur einige der netzpolitischen Großbaustellen, für die der Bundesregierung stimmige und zukunftsfeste Lösungskonzepte fehlen. Für die Versorgung der Bevölkerung mit schnellen und diskriminierungsfreien Netzzugängen muss die Politik staatliches Geld in die Hand nehmen und konsequent auf Glasfaserausbau setzen, statt den Ausbau der Wirtschaft zu überlassen und die Netzneutralität zugunsten eines Zwei-Klassen-Netzes zu opfern. Zu einem flächendeckenden Netzzugang würde auch die in anderen Ländern längst vollzogene, konsequente und bedingungslose Abschaffung der WLAN-Störerhaftung beitragen. Eine an den etablierten Nutzungsgewohnheiten im Internet orientierte Liberalisierung des Urheberrechts wiederum wäre nicht nur zeitgemäß, sondern würde zugleich wichtige Impulse für neue, innovative Geschäftsmodelle geben. Außerdem brauchen wir ein starkes, modernes und europaweit einheitliches Datenschutzrecht, das dem Datenhunger von Unternehmen wirksam Grenzen aufzeigt. Die Bundesregierung muss ihren Lippenbekenntnissen deshalb endlich Taten folgen lassen und die Verabschiedung der Datenschutzgrundverordnung auf EU-Ebene nicht länger blockieren, sondern aktiv vorantreiben. Schließlich müssen auch die Geheimdienste, die völlig den rechtsstaatlichen Boden unter den Füßen verloren haben, in die Schranken gewiesen werden. Schonungslose Aufklärung und eine gesamtgesellschaftliche Debatte über die Frage, ob und in welchem Ausmaß elektronische Überwachung in einem demokratischen Rechtsstaat akzeptabel ist, müssen an die Stelle der bisherigen Vernebelungs- und Beschwichtigungstaktik der Bundesregierung treten.”