Der Digitale Gesellschaft e.V. kritisiert die Digitale Agenda der Bundesregierung als visionslos und nicht zukunftsfähig und macht dafür unter anderem die mangelnde Koordination und fehlende Einbeziehung des Parlaments verantwortlich.
Heute berät das Plenum im Bundestag neben der regierungseitigen Unterrichtung zur Digitalen Agenda auch über die Umsetzung der Handlungsempfehlungen der Enquete “Internet und Digitale Gesellschaft”. Das Gremium hatte sich in der vergangenen Legislaturperiode unter anderem für die Einrichtung eines eigenen Ministeriums und eines Bundestagsausschusses zu Fragen der Digitalpolitik ausgesprochen.
Zwar wurde ein solcher Ausschuss in der aktuellen Legislaturperiode geschaffen, zugleich wurde ihm aber nicht die ebenfalls empfohlene zentrale und koordinierende Funktion in netzpolitischen Belangen eingeräumt. An einem entsprechenden Ministerium fehlt es bis heute. Diese beiden Defizite haben in der Digitalen Agenda deutlichen Niederschlag gefunden. Statt den Ausschuss schon in der Entwurfsphase einzubeziehen und eine zentrale Stelle für die Abstimmung der Inhalte einzurichten, wurden sachlich sinnvolle und zukunftsfähige Lösungen zwischen kollidierenden Wunschlisten der drei federführenden Ministerien aufgerieben. Im Ergebnis ist die Digitale Agenda der Bundesregierung vor allem zu einem Abbild des ministerialen Durcheinanders und einer substanzlosen Fassadenpolitik geraten.
Alexander Sander, Geschäftsführer des Digitale Gesellschaft e.V., kommentiert: “Die Digitale Agenda ist Ausdruck der Visions- und Kraftlosigkeit der Bundesregierung, wenn es um die Gestaltung der digitalen Gesellschaft geht. So fehlen zukunftsfähige Konzepte etwa bei der Netzneutralität ebenso wie bei der Abschaffung der WLAN-Störerhaftung. Hier, wie auch auf vielen weiteren Feldern, vermissen wir dezidierte Maßnahmenkataloge. So hätte die Bundesregierung im Bereich der Netzneutralität klarstellen müssen, dass sie sich im EU-Ministerrat für eine Zustimmung zu den vom Parlament beschlossenen Änderungen am Entwurf der Telekommunikationsmarktverordnung und für eine Verengung der dort enthaltenen Definition der Spezialdienste einsetzen wird. Auch hätte sie den Willen bekunden müssen, ihren Einfluss im Ministerrat dazu zu nutzen, dass die Pflichten von Access-Providern nicht im Rahmen von TTIP verhandelt werden. Wie wenig entschlossen die Bundesregierung netzpolitische Fragen behandelt, zeigt sich auch an ihren Plänen zur WLAN-Störerhaftung. Eine Haftungsfreistellung ausschließlich für kommerzielle Betreiber wie Cafés oder Flughäfen, noch dazu verbunden mit Identifizierungs- und Überwachungspflichten, trägt kaum zu einer flächendeckenden Versorgung mit offenen Funknetzen bei. Wie Deutschland angesichts dieser zaghaften Haltung zum IT-Standort Nummer Eins werden soll, bleibt das Geheimnis der Bundesregierung.”