„Die FCC hat heute eine historische Entscheidung für die Freiheit, Offenheit und Innovationskraft des Netzes getroffen. Europa muss nun mit den USA gleichziehen und das Internet als öffentliches Gut anerkennen, statt weiter ein Zwei-Klassen-Netz zu befördern, das die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Online-Wirtschaft bedroht.“, erklärt Alexander Sander, Geschäftsführer des Vereins Digitale Gesellschaft.

Die Federal Communications Commission (FCC), die in den USA für die Regulierung des Telekommunikationsmarktes zuständig ist, hat heute entschieden, Internetprovider künftig als „common carrier“ im Sinne von Title II des Telecommunications Act zu klassifizieren. Sie gelten damit als Unternehmen, die ähnlich wie Energie- oder Wasserversorger gesamtgesellschaftlich bedeutsame Leistungen erbringen und deshalb besonders strengen Antidiskriminierungsregeln unterliegen. Drosselungen oder Blockaden des offenen Internet sind ihnen deshalb ebenso verboten wie die Einführung von bezahlten Überholspuren, den sogenannten Spezialdiensten. Mit der Entscheidung erkennt die FCC das Internet als besonders schützenswertes öffentliches Gut und als infrastrukturelle Grundlage einer digitalen Gesellschaft an. Zugleich verwirft sie damit den von Telekommunikationsunternehmen auch hierzulande immer wieder vorgebrachten Einwand, eine solche Einordnung würde die Investitionsmittel für den Breitbandausbau gefährden.

Im Gegensatz zur weitsichtigen Entscheidung der FCC wollen Bundesregierung und EU-Ministerrat die Netzneutralität opfern und den Telekommunikationsunternehmen in Europa freie Hand bei der Einführung von bezahlten Überholspuren im Internet lassen. Ein solches Zwei-Klassen-Netz würde Markteintrittshürden für Startups schaffen und den europäischen Markt für Online-Dienste im Verhältnis zu den USA noch weiter als bisher zurück werfen. Statt den Behauptungen der Telekommunikationslobby weiterhin blinden Glauben zu schenken, müssen Bundesregierung und Ministerrat dem Beispiel der FCC folgen und die Diskriminierungsfreiheit des Netzes endlich gesetzlich verankern. Dass starke Antidiskriminierungsregeln und das Verbot bezahlter Überholspuren keineswegs die Investitionsmittel für den Breitbandausbau gefährden, zeigen auch die Reaktionen des amerikanischen Providers Sprint Corp. sowie der US-Telekom-Tochter auf die FCC-Regulierung. Die Firmen hatten bereits im Vorfeld der Entscheidung erklärt, dass sie trotz der Reklassifizierung als „common carrier“ weiter in den Ausbau ihrer Netze investieren werden, und die Erwartung geäußert, dass ihre Konkurrenten es ihnen gleichtun werden.

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3 Meinungen zu “Netzneutralität: FCC trifft historische Entscheidung für Freiheit des Internet

  1. Rincewind sagt:

    Ein bischen kurz gedacht Herr Strebel,
    denn Sie gehen nur von dem privaten nutzen des Internets aus.
    Was ist mit Freiberuflern, die in der IT-Branche unterwegs sind? Stichwort Clouds auch ein hoher Datenverbrauch, regelmässig Blogs schreiben, Youtube Videos hochladen, Student an der Fernuni…hoher Datentransport…
    Dies alles würde teurer, so dass sich das nur noch Personen mit dem dementsprchenden Einkommen leisten könnten.
    Und Sie sagen selbst Ärmere oder bescheidenere Leute…haben die denn kein Anrecht auf Spiele, Filme, VoIP?

    Das einzige, wodurch sich das ganze eventuell sinnvoll beschränken lassen würde wäre dann das Datenvolumen, wie beim Strom. Wehr ein höheres Datenaufkommen hat zahlt mehr, das hat aber nichts mit der Datengeschwindigkeit zu tun.

    Eine Datenüberholspur würde nur dazu führen, dass die Kluft zwischen arm und reich, noch größer wird.

  2. Christoph Strebel sagt:

    NEIN, ich bin für unterschiedliche Geschwindigkeiten:
    Wer Erster Klasse fahren will, der soll auch Erster Klasse bezahlen. Es gibt Dienste, die sehr aufwändig sind und hohe Anforderungen an schnellen Datentransport stellen (Spiele (sehr kurze Ping-Zeit), TV und Filme (Hohe Datenmenge) medizinische Dienste und VoIP )
    Chatten, Zeitung lesen, Blogs lesen, Emails, Facebook, Online-Partnersuche, ja sogar Youtube sind weniger zeitkritische Anwendungen. Die können auch mal langsamer sein.
    Ich verstehe „Freiheit“ im Internet als „freie Rede“, nicht als „Freibier“. Wer für den Verkehr großer Datenmengen verantwortlich ist, soll auch mehr bezahlen. Hierdurch kommt genug Geld rein, um die Datenleitungen in dem erforderlichen Umfang auszubauen. Ärmere oder bescheidenere Leute zahlen weniger oder können eher kostenfrei mitsurfen.
    Technisch sollte dies mit einem Proritätsbyte umgesetzt werden, das in Ergäntzung zum bestehenden Protokoll in den Header jedes Datenpakets angefügt werde. Wer mit hoher Priorität absendet, zahlt deutlich mehr. Streng abzulehnen und technisch völig unnötig ist Deep Packet Inspektion zum Zwecke der Prioritätsfeststellung.
    Es mag sein, dass viele Stimmen zugunzen eines für alle gleich schnellen Internets wegen der Ablehnung des für erforderlich gehaltenen DPI aufkommen. Die Headerergänzung räumt dies aus.
    Falls das Internet für alle gleich schnell ist, ist es für Absender sehr großer Datenmengen zu billig, sodass diese viel mehr Datentransporte nachfragen als ohne Kostenhemmnis. Die Bandbreite muss viel stärker erhöht werden, um alle Ansprüche zu befriedigen. Dies müssen alle Nutzer eher pro Kopf als pro Datenvolumen bezahlen, wodurch die Kosten insgesamt wie auch für jeden einelnen Anschluss zu hoch werden!

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