Warum SOPA auch uns angeht
Im Rahmen eines sogenannten „Blackout Days“ haben sich heute zahlreiche Webseiten verhüllt, darunter die englischsprachige Wikipedia. Sie protestieren damit gegen zwei amerikanische Gesetzesentwürfe, den Stop Online Piracy Act (SOPA) und den Protect IP Act (PIPA). Diese sollen Wirtschaftsinteressen amerikanischer Copyright-Inhaber schützen, haben aber massive Auswirkungen auf die digitale Welt: Internetprovider sollen gezwungen werden, Inhalte proaktiv zu überwachen, Inhalte sollen gesperrt, Suchmaschinen-Treffer nicht mehr angezeigt und Verlinken strafbar werden. Dies hat in Amerika für einen Aufschrei gesorgt, wie er in Deutschland bei der „Zensursula“-Debatte um Netzsperren stattfand. „Sollten diese Gesetze auch nur zur Hälfte so kommen wie vorgeschlagen, hat dies negative Auswirkungen auf das gesamte Internet“, sagt Markus Beckedahl, Vorsitzender des Digitale Gesellschaft e.V.
SOPA/PIPA sind Überwachungsgesetze
SOPA und PIPA enthalten eine Vielzahl Probleme. Durch eine umfassende Providerhaftung sollen Plattformbetreiber und ISPs gezwungen werden, ihre Nutzer aktiv zu überwachen, Inhalte zu sperren und Suchergebnisse zu zensieren. Was bei Telefon und Post nicht durchsetzbar wäre, soll im Internet gemacht werden, einfach weil es technisch möglich ist. Auch das Setzen von Links könnte strafbar werden. Doch wer kann sich sicher sein, dass hinter einem Link keine Urheberrechtsverletzung zu finden ist? Und sich der Inhalt hinter dem Link nicht ändert?
Einen kleinen Erfolg kann die Protestkoalition bereits vorweisen: Eine Anhörung zu SOPA wurde verschoben und DNS-Sperren sollen nun vielleicht doch nicht zum Einsatz kommen. Gegen diesen gefährlichen Eingriff in die Architektur des Internets hat sich – nach dem Irrweg des Zugangserschwerungsgesetzes – 2011 auch die Bundesregierung entschlossen.
Auswirkungen auf Europa
Die beiden amerikanischen Gesetze beträfen auch die Nutzer in Deutschland und Europa, da viele Menschen Plattformen mit Hauptsitz in den USA nutzen. Wenn Facebook, Google, Twitter und die Wikipedia auf einmal neue gesetzliche Rahmenbedingungen bekommen und gezwungen werden, aktiv Urheberrechtsverletzungen suchen zu müssen, könnte das Teilen von Links, Videos und Bildern in sozialen Medien auf der ganzen Welt bald Vergangenheit sein. Darüber hinaus sieht SOPA keine rechtlichen Möglichkeiten für betroffene Internetnutzer und Webseitenbetreiber vor. Dadurch werden die Maßnahmen auch negative Auswirkungen auf die Wirtschaft hier in Europa haben – denn das Risiko, Online-Handel zu betreiben, steigt.
SOPA, PIPA und ACTA
Parallel zu SOPA/PIPA in den USA steht in Europa ein Abkommen vor der Tür, das Internetprovider dazu bringen kann, das Netz zu überwachen: Das Anti-Counterfeiting Trade Agreement (ACTA). Es legt die Regulierung der Meinungsfreiheit in die Hände privater Unternehmen, da das Abkommen Dritte, wie zum Beispiel Internet-Provider, dazu verpflichtet, Online-Inhalte zu überwachen. Teile der Wirtschaft würden so gleichzeitig zu Richter und Vollstrecker.“Es kann nicht die Rolle von Unternehmen sein, über Meinungsfreiheit zu bestimmen“, sagt Markus Beckedahl, Vorsitzender des Digitale Gesellschaft e.V. Hierdurch würde ein System von Überwachung auf allen Plattformen und Leitungen etabliert, zum Beispiel mittels sogenannter „Deep Packet Inspection“. Der Grundsatz der Vertraulichkeit der Kommunikation wird hierdurch grob verletzt.
„ACTA, SOPA und PIPA eint eines: Musik- und Filmindustrie versuchen, das Netz scheibchenweise kaputt zu machen – es ist eine Salamitaktik“, so Markus Beckedahl weiter. „Die Politik glaubt, dass sie mit immer neuen Zugeständnissen an die Rechteindustrie das Problem des grundsätzlich veralteten Urheberrechts weiter vor sich herschieben kann und nimmt dabei unglaubliche Kollateralschäden in Kauf.“
Noch besteht die Hoffnung, dass das EU-Parlament und die nationalen Parlamente das ACTA-Abkommen ablehnen. Zusammen mit unseren europäischen Partnern ruft der Digitale Gesellschaft e.V. auf, EU-Abgeordnete an ihre Verantwortung zu erinnern, sich für unsere Bürgerrechte und den europäischen Binnenmarkt einzusetzen und mit “Nein” zu stimmen. Detaillierte Informationen dazu bieten die Digitale Gesellschaft-Mitmach-Kampagne und eine ACTA-Broschüre.
Weitere Informationen zum Thema:
– Vorschläge für ein modernes Urheberrecht: Positionspapier von Wikimedia Deutschland e.V., Open Knowledge Foundation Deutschland und Digitale Gesellschaft e.V.
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Man sollte in Europa ACTA nicht vergessen. Wir sollten die aktuelle Energie nicht einfach verdampfen lassen sondern auf alles lenken, was in diese Richtung geht und ACTA könnte ähnlich großen Schaden anrichten, wenn auch im kleineren Ausmaß.
wir von anonymous werden solange keine ruhe geben bis S.O.P.A P.iP.A ad ACTA gelegt werden unversalstudios.com sind im moment off ;)
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„ACTA hat etablierte multilaterale Foren wie WIPO und WTO umgangen, die auf
demokratischen Prinzipien und Offenheit basieren und über klare
Verfahrensgarantien verfügen.“
WTO und WIPO als Beispiel demokratischer Prinzipien? Ich denke die Globalisierungskritiker und „Entwicklungsländer“ rund um den Globus werden euch da was husten. Sorry, aber der Abschnitt ist echt gründlich in die Hose gegangen.
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Wie kann ein Rechtsstaat einen Gesetzentwurf einbringen, der Beschuldigte ohne Verteidigungsmöglichkeit ausstattet und die Ankläger von jeder Verantwortlichkeit für die Folgen ihrer Behauptungen von vornherein befreit? Das macht Sinn, wenn gar kein geistiges Eigentum geschützt, sondern das Internet zerstört werden soll (Think big)!
Welcher Politiker/ Machthaber auf der ganzen Welt sieht ein Gebilde gern, in dem der eigene Einfluss so stark gemindert ist? In vielen Bereichen der Gesellschaft gibt es Freunde derartiger Gesetzentwürfe (wem nützt es?) und so werden wohl immer neue Torpedos gebaut werden (die haben auch den Vorteil unter Wasser abgeschossen werden zu können).
Es braucht ein Gesetz zum Schutz des Internets, mit Vorrangwirkung!
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Das Netz zeigt zunehmend mehr Protestpotential – seien es Social Networks, Hacker, Blogger oder nun freie Wissensdatenbänke. Es ist erstaunlich, dass vor allem die Bloggerszene und Social Networks-User es geschafft haben, in gewisser Weise einen virtuellen Stammtisch zu ermöglichen – siehe Tunesien. Die spannende Frage ist, ob Web 2.0-Aktionen auch große Projekte wie Wikipedia miteinschließen können. In Schwellenländer wie Südafrika sage ich ja: http://wp.me/pNjq9-3a7.
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Ich befürchte, dass eine Ablehnung durch das EU-Parlament völlig ins Leere geht. Die EU-Kommission hat schon beim Flugdatenabkommen mit den USA gezeigt, dass sie ein Schwächling ist.
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