Die Verhandlungen über die Verordnung über terroristische Online-Inhalte (TERREG-Verordnung) neigen sich dem Ende entgegen und werden voraussichtlich noch in der laufenden Woche abgeschlossen. Trotz einiger Nachbesserungen enthält auch der aktuelle Vorschlag der deutschen Ratspräsidentschaft, der den laufenden Verhandlungen zugrunde liegt, verschiedene Regelungen, die weitreichende und inakzeptable Folgen haben werden, sofern sie in der vorgeschlagenen Form umgesetzt werden.

Der Digitale Gesellschaft e.V. hat sich daher gemeinsam mit dem Chaos Computer Club, Digitalcourage und SaveTheInternet mit der Forderung an die Vertreterinnen und Vertreter der deutschen Ratspräsidentschaft gewandt, einige der zentralen Probleme in den Verhandlungen zu adressieren und taugliche Lösungen zu entwickeln.

Als zentrale Probleme werden angesprochen:

– Uploadfilter: Entgegen anderweitiger Verlautbarungen werden diese nicht ausdrücklich ausgeschlossen. Vielmehr ist die Verordnung derzeit so geplant, dass der Druck auf Service-Provider massiv ist, diese vermeintlich „freiwillig“ einzusetzen. Auch besteht weiterhin die Möglichkeit, dass sie behördlich angeordnet werden.

– Grenzüberschreitende Entfernungsanordnung: Der Entwurf sieht vor, dass die zuständigen Behörden jedes Mitgliedsstaates die Entfernung von Inhalten in anderen Mitgliedsstaaten anordnen können. In der Konsequenz könnten etwa ungarische Behörden – trotz eines laufenden Verfahrens wegen Verstößen gegen die Rechtsstaatlichkeit – europaweit Inhalte unter dem Vorwand der Terrorismusbekämpfung sperren lassen!

– Mangelnde rechtsstaatliche Kontrolle: Durch den vorliegenden Entwurf ist die Unabhängigkeit der zuständigen Behörden nicht ausreichend abgesichert. Es ist nicht einmal ein effektiver Rechtsschutz vor den Gerichten des Landes vorgesehen, in denen die Löschung durchgeführt wird.

– Gefahr für die Pressefreiheit: Durch unbestimmte Rechtsbegriffe gerät auch die Berichterstattung über Terrorismus ins Visier von Maßnahmen nach der TERREG-Verordnung. Der geringe Schutz für Presseorgane, der in dem Entwurf vorgesehen ist, beschränkt sich zudem auf Medien, die redaktionelle Verantwortung tragen und wird damit der diversen modernen Medienlandschaft nicht gerecht.

– Unzureichende Löschfrist: Der Entwurf sieht für die Löschung von Inhalten eine Frist von lediglich einer Stunde nach Anordnung vor. Gerade kleineren Providern ist eine ständige Erreichbarkeit für die Behörden jedoch schlicht nicht möglich. Auch wenn nicht mit dem Hochladen derartiger Inhalte zu rechnen ist, sind sie niemals gänzlich auszuschließen. Die Verordnung würde also Anforderungen aufstellen, die lediglich von großen Service-Providern überhaupt erfüllt werden können und gefährdet kleine mittelständische und unabhängige Provider.

Die unterzeichnenden Organisationen als Teile der digitalen Zivilgesellschaft in Deutschland fordern daher, dass:

– die Verwendung von Uploadfiltern umfassend und ausdrücklich ausgeschlossen wird;
– sichergestellt wird, dass das Recht auf effektiven Rechtsschutz und die Grundsätze der justiziellen Zusammenarbeit eingehalten werden;
– sichergestellt wird, dass nur Gerichte und unabhängige Behörden als zuständige Behörden gelten;
– eng definiert wird, was illegale terroristische Inhalte sind;
– die einstündige Frist auf „so bald wie möglich“ unter Berücksichtigung der Kapazitäten des Service-Providers ausgedehnt wird.

Tom Jennissen von der Digitalen Gesellschaft: „Wir hoffen, dass das europäische Parlament die Reißleine zieht und die TERREG-Verordnung in den anstehenden Verhandlungen ablehnt. In der bislang geplanten Form stellt die Verordnung eine ernstzunehmende Gefahr für die Meinungsfreiheit und die Rechtsstaatlichkeit in der EU dar.“

Für den morgigen Dienstag ist das Treffen der Schattenberichterstatter des Europäischen Parlaments anberaumt. Die voraussichtlich abschließenden Trilog-Verhandlungen zwischen Europäischen Parlamet, Kommission und Rat sind für den kommenden Donnerstag, den 10. Dezember geplant.

Für Rückfragen stehen wir gerne zur Verfügung.

Den offenen Brief im Wortlaut finden Sie hier: [html] [pdf]

Die Digitale Gesellschaft informiert seit 2019 in Texten und Vorträgen über das Gesetzgebungsverfahren und die Kritik an den Entwürfen:

Überblick: https://digitalegesellschaft.de/mitmachen/terrorfilter/

Pressekontakt:

Tom Jennissen

tom.jennissen@digitalegesellschaft.de

Digitale Gesellschaft e.V.
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