„Der Kabinettsentwurf zur WLAN-Störerhaftung verspielt digitale Chancen zugunsten einer kruden Sicherheitsesoterik. Die vorgesehenen Bedingungen für die Haftungsfreistellung verstoßen gegen das Europarecht und verhindern faktisch den Betrieb offener Funknetze. Hier muss das Parlament dringend nachbessern, damit wir endlich Anschluss an den international längst üblichen Standard bei freien Netzzugängen finden.“, fordert Volker Tripp, politischer Referent des Vereins Digitale Gesellschaft.

Heute wird der Bundestag in erster Lesung über den Kabinettsentwurf zur Änderung des Telemediengesetzes beraten. Danach müssen Betreiber von Drahtlosnetzen, die ihr WLAN für die Allgemeinheit öffnen, ihre Netze gegen unberechtigte Zugriffe sichern. Außerdem sind sie gezwungen, Nutzerinnen und Nutzern eine Rechtstreueerklärung abzunehmen. Ansonsten laufen die Betreiber Gefahr, für Rechtsverletzungen zu haften, die andere Personen über ihre Netzzugänge begehen. Mit diesen Einschränkungen möchte die Bundesregierung verhindern, dass offene WLAN-Netze zu Einfallstoren für anonyme Kriminalität im Internet werden.

Bereits im September war die EU-Kommission im Zuge eines Notifizierungsverfahrens zu dem Schluss gelangt, dass die von der Bundesregierung geplanten Bedingungen für die Haftungsfreistellung kein wirksames Mittel zur Bekämpfung von Rechtsverstößen im Internet darstellen. Als nutzlose Hürden für das Angebot offener Funknetzzugänge verstoßen sie nach Ansicht der Kommission daher gegen die Vorgaben der E-Commerce-Richtlinie sowie die EU-Grundrechte auf unternehmerische Freiheit und Meinungsfreiheit. Auch der Bundesrat hatte Anfang November gefordert, die WLAN-Störerhaftung bedingungslos abzuschaffen.

WLAN Störerhaftung

In der Tat ist nicht nachvollziehbar, wie etwa das Abklicken einer Rechtstreueerklärung irgendjemanden davon abhalten sollte, im Internet Rechtsverletzungen zu begehen. Gleiches gilt für die Sicherung eines Funknetzes mit Verschlüsselung und Passwort. Zudem sind diese Vorgaben mit offenen Internetzugängen, wie sie in vielen anderen Ländern bereits seit Jahren üblich sind, schlichtweg unvereinbar. Wichtige Zukunftschancen für digitale Bildung, Meinungs- und Informationsfreiheit, Online-Wirtschaft, Tourismus und die Flankierung des Breitbandausbaus würden damit zunichte gemacht. Auch gemeinnütziges Engagement, wie es etwa die Freifunker im Bereich der Flüchtlingshilfe leisten, wäre mit dem geplanten Gesetz nicht mehr möglich. Der Bundestag muss den Gesetzentwurf im parlamentarischen Prozess daher dringend korrigieren, um die WLAN-Störerhaftung endlich bedingungslos abzuschaffen.

Einen Gesetzentwurf zur bedingungslosen Abschaffung der WLAN-Störerhaftung hatte der Digitale Gesellschaft e.V. bereits im Jahr 2012 vorgelegt.

Anlässlich der Notifizierung des Kabinettsentwurfs hatte sich der Verein außerdem gemeinsam mit dem Förderverein Freie Netze e.V. sowie dem Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. mit einer Stellungnahme an die EU-Kommission gewandt und darin dezidiert die oben genannten Verstöße gegen das Europarecht dargelegt.

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