Der Bundestag wird heute fraktionsübergreifend die Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses zur sogenannten NSA-Affäre beschließen. Neben den Spähaktivitäten ausländischer Geheimdienste in Deutschland wird auch die Beteiligung deutscher Stellen an der Massenüberwachung Gegenstand der bevorstehenden Untersuchung sein. Die Kooperation bundesdeutscher Nachrichtendienste, allen voran des BND, mit NSA und GCHQ wird dabei ebenso im Fokus stehen wie die Rolle der Bundesregierung.

„Wir freuen uns über diesen längst überfälligen Schritt zur Aufklärung der anlasslosen Massenüberwachung durch Geheimdienste. Das totalitäre Kontrollpotenzial, das die lückenlose Ausspähung von Kommunikation und Verhalten der gesamten Bevölkerung eröffnet, trifft eine freiheitliche Gesellschaft ins Mark. Vor dieser Bedrohung kann der Bundestag Demokratie und Grundrechte nur dann wirksam schützen, wenn er über umfassende Informationen zur Überwachungspraxis der Nachrichtendienste verfügt. Staatliche Geheimhaltungsinteressen dürfen der Untersuchung daher nicht im Wege stehen.“, erklärt Volker Tripp, politischer Referent des Vereins Digitale Gesellschaft.

Als hinderlich könnten sich insbesondere die ungeschriebenen Regeln der internationalen Zusammenarbeit von Geheimdiensten erweisen. Die sogenannte „Third Party Rule“ etwa besagt, dass ein Dienst Einzelheiten einer solchen Kooperation anderen innerstaatlichen Stellen nur dann mitteilen darf, wenn der ausländische Dienst dem ausdrücklich zustimmt. Es wäre absurd, derartige Abreden in einem Untersuchungsausschuss, der gerade den internationalen Datenaustausch zwischen Geheimdiensten klären soll, ins Feld zu führen. Verfassungsrechtliche Schutzmechanismen können nicht durch Absprachen ausgehebelt werden, die weder über dem Grundgesetz stehen, noch eine gesetzliche Grundlage besitzen.

Gleiches gilt für die jüngsten besorgniserregenden Hinweise auf eine Unterwanderung der Demokratie durch ausländische Geheimdienste. In seiner Aussage vor dem Innenausschuss des EU-Parlaments erwähnte Edward Snowden ausdrücklich, dass Deutschland sein G10 Gesetz, welches nachrichtendienstliche Eingriffe in die Telekommunkationsfreiheit regelt, auf Druck und nach Maßgabe der NSA geändert habe. Auf Anfragen der Opposition hin hat die Bundesregierung derartige Vorgänge bislang ohne nähere Begründung abgestritten.

Volker Tripp: „Snowdens Vorwürfe stellen die Integrität der Bundesregierung ebenso in Frage wie die Souvernität der Bundesrepublik und das Vertrauen in die Funktionsfähigkeit des Rechtsstaats. Der Untersuchungsausschuss muss der Frage nachgehen, ob und inwieweit es Einflussnahmen ausländischer Dienste auf Gesetzgebung und Behördenpraxis in Deutschland gegeben hat. Dass sie der Massenüberwachung ein Ende setzen will, kann die Bundesregierung nur glaubhaft vermitteln, wenn sie nun aktiv and ohne Vorbehalte an der Aufklärung dieser Frage mitwirkt.“