Liebe Freundinnen und Freunde der Digitalen Gesellschaft,
in den vergangenen Wochen habe wir uns in der Geschäftsstelle der Digitalen Gesellschaft mal wieder intensiv mit Abrechnungsaltlasten beschäftigt. Tagelang haben wir uns durch analoge und digitale Archive gewühlt um dem Wahnsinn öffentlich-rechtlicher Abrechungsregelungen gerecht zu werden. Um unsere Arbeitszeit nicht gänzlich der Bürokatie zu widmen, vor Allem aber um unsere Unabhängigkeit im Kampf für die digitalen Grundrechte zu wahren, ist die DigiGes auf Spenden und Fördermitgliedschaften angewiesen.
Ein neues Mitglied hat uns folgenden Begründung geschrieben (das freut uns sehr – und Grüße an den Bruder!):
“Weil Ihr – gegen die Unternehmer-Lobby – zu versuchen scheint, vernünftige Politik durchzusetzen, was Freiheit im Digitalraum angeht. Nicht so verklemmt nur datenschützlerisch, sondern so wie’s sein sollte: Mit Nutzern nicht so als blosse Milchkuhkonsumenten, und Nutzen von neuen Möglichkeiten, statt nur Verhindern von Blödsinn. So in etwa. Und last but not least, weil mein Bruder Euch Klasse findet…”
Hier könnt unsere Arbeit unterstützen:
Die Themen, mit denen wir uns im Juni und Juli beschäftigt haben:
- Verfassungsschutzrecht
- Leitlinien der Komission zur Umsetzung der Urheberrechtsrichtlinie
- Offener Brief an den Europarat zur Budapest Konvention
- Offener Brief zur Cybersicherheitsstrategie
- Edri-Report
- NPA #107
1. Stellungnahme zur geplanten Änderung des Verfassungsschutzrechts
In den letzten Monaten der Legislatur hat die derzeitige Koalition noch eine ganze Reihe äußerst umstrittener Sicherheitsgesetze erlassen. Besonders problematisch war die Änderung des Verfassungsschutzrechts. Zu verschiedenen Änderungen gehörten die Ausweitung des Aufgabenbereichs des Bundesamtes für Verfassungsschutz, vor Allem aber die Befugnis zur Quellen-Telekommunikationsüberwachung incl. Staatstrojaner für sämtliche Bundes- und Ländergeheimdienste. Die DigiGes hat dazu eine Stellungnahme veröffentlicht.
2. Im Juni hat die Europäische Kommission mit großer Verspätung die Leitlinien zur Umsetzung von Art. 17 der Urheberrechtsrichtlinie veröffentlicht. Wie zu erwarten war, wird darin der Einsatz von Uploadfiltern vorausgesetzt und einige Anforderungen an ihren Einsatz gestellt. Allerdings haben es in letzter Minute, wohl auf Last-Minute-Lobbying der Rechteindustrie, einige heftige Schlupflöcher für die Anforderungen ihren Weg in die Leitlinien gefunden. Mehr dazu in unserer Stellungnahme.
3. Offener Brief zur Budapest-Konvention
Während die E-Evidence-Verordnung auf Ebene der Europäischen Union weiterhin diskutiert wird, versucht der Europarat im Rahmen der Budapest Konvention weitgehend ohne kritische Öffentlichkeit weitreichende Befugnisse für den internationalen Zugriff von Strafverfolgungsbehörden auf persönliche Daten zu schaffen. Dazu hat das “Cybercrime Kommitee” des Europarats nun sehr weitgehende Vorschläge gemacht, ohne eine ansatzweise ernstzunehmende Möglichkeit der Partizipation zu ermöglichen. Gemeinsam mit EDRi, der Electronic Frontier Foundation und 39 anderen zivilgesellschaftlichen Organisationen fordert die DigiGes in einem offenen Brief den Europarat auf, die Einbindung der Zivilgesellschaft in den Vertragsprozess und die Wahrung der Grundrechte im Vertrag selbst sicherzustellen.
4. Offener Brief zur Cybersicherheitsstrategie der Bundesregierung
Kurz vor Ende ihrer Amtszeit hat die Bundesregierung den Entwurf für eine Cybersicherheitsstrategie vorgelegt, mit der sie in den kommenden fünf Jahren die Sicherheit der bundesrepublikanischen öffentlichen und wirtschaftlichen Infrastruktur gewährleisten will. Der Zeitpunkt zeugt von einem äußerst fragwürdigen Demokratieverständnis. Und auch inhaltlich ist der Entwurf nicht nur deshalb verfehlt, da die grundlegende Gefahrenanalyse noch nicht einmal fertiggestellt ist. Dennoch werden weitgehende Maßnahmen in Aussicht gestellt, die zum nicht geringen Teil direkt aus der Feder der Sicherheitsbehörden zu stammen scheinen und auf Grundrechte und die Sicherheitsinteressen der Einzelnen wenig Rücksicht nehmen. Gemeinsam mit zahlreichen anderen Organisationen hat sich die DigiGes in einem offenen Brief gegen diesen Entwurf ausgesprochen.
5. Edri-Report
Die Europäische Dachorganisation EDRi hat eine “Rechtliche Analyse der biometrischen Massenüberwachung in Deutchland, den Niederlanden und Polen” veröffentlicht. Es wird einmal mehr klar, dasss die Biometrische Überwachung massiv in unsere Grundrechte eingreift und verboten gehört. Hier findet Ihr eine deutsche Zusammenfassung.
Falls Ihr noch nicht mitgezeichnet habt, hier geht es zur Unterschriftensammlung der Europäischen Bürgerinitiative Reclaim Your Face.
6. NPA #107
Beim letzten Netzpolitischen Abend ging es um eine Version der Corona Warn App, die ohne Apple und Google auskommt und so auch auf Smartphones läuft, die die CWA bisher nicht unterstützt hat: Corona Contact Tracing Germany.
Vorgestellt wurde außerdem der Dokumentarfilm “Gefangen im Netz” zum Thema Cybergrooming, der jetzt online zu sehen ist und in einer speziell aufbereiteten Version für Schulen zur Verfügung gestellt wird.
Das Projekt “Docs for Democracy” hat sich zum Ziel gesetzt, Dokumentarfilme zukünftig mit einem innovativen Finanzierungs- und Lizenzierungskonzept zu produzieren.
Die Mitschnitte gibt es wie immer auf unserem Youtube-Kanal und im Blog:
Im August machen wir eine kleine Sommerpause vom Netzpolitischen Abend und freuen uns am 7. September anlässlich der Bundestagswahl mit einer Diskussionsrunde mit Vertretern der demokratischen Parteien zurückzukommen.
Euch allen einen tollen Sommer!
Viele Grüße,
Tom und Sebastian