In einem offenen Brief hat die Digitale Gesellschaft e.V. gemeinsam mit European Digital Rights (EDRi) und elf weiteren europäischen Organisationen den Rat der Europäischen Union aufgefordert, keine verpflichtenden Uploadfilter gegen als terroristisch klassifizierte Inhalte einzuführen.
Die europäische Union arbeitet bereits seit 2018 an einer Verordnung zur Verhinderung der Verbreitung terroristischer Online-Inhalte, die es Behörden ermöglichen soll, Plattformen zur Löschung von Postings binnen einer Stunde zu verpflichten. Daneben wird eine Verpflichtung zu sogenannten proaktiven Maßnahmen diskutiert. Dahinter verbergen sich technische Filtersysteme, die terroristische Inhalte erkennen sollen. Nachdem das Parlament im Frühling 2019 eine Version des Verordnungstextes beschloss, die aus grundrechtlicher Sicht wesentliche Verbesserungen enthielt, finden seit Herbst die Trilogverhandlungen zwischen Rat, Kommission und Parlament über den Text statt.
Uploadfilter sind extrem fehleranfällig und haben in der Vergangenheit bereits zur Löschung von Beweismaterial zu Kriegsverbrechen oder journalistischen Beiträgen geführt. Zudem besteht die Befürchtung, dass sie zur Löschung von politisch unerwünschten Beiträgen verwendet werden können. „Die Entscheidung, welcher Inhalte als terroristisch zu klassifizieren ist und welcher nicht, ist oft bei weitem nicht so klar, wie auf den ersten Blick vermutet werden könnte. Die Automatisierung dieser Einschätzung sollte auf keinen Fall gesetzlich oder behördlich angeordnet werden.“
Außerdem fordern die Organisationen, dass die EU-Staaten nur eingeschränkt grenzüberschreitende Löschungen anordnen dürfen und die neuen Befugnisse von unabhängigen Stellen ausgeübt werden. Dies ist nötig, um einen Missbrauch zu vermeiden. „Wir befürchten konkret, dass Regierungen sonst ihre Weisungsbefugnis nutzen könnten, um das Verschwinden politisch unliebsamer Beiträge anzuordnen,“ erklärt Elisabeth Niekrenz, politische Referentin der Digitalen Gesellschaft e.V. Die vom Parlament vorgesehenen Ausnahmen für journalistisches, künstlerisches, pädagogisches Material und solches, das zu Forschungszwecken hochgeladen wurden, müssen erhalten bleiben.
Zum Volltext des Briefs auf der Website von EDRi: (html) (pdf)
Zur Übersetzung der Digitalen Gesellschaft e.V.
Die Digitale Gesellschaft informiert seit 2019 in Texten und Vorträgen über das Gesetzgebungsverfahren und die Kritik an den Entwürfen:
Überblick: https://digitalegesellschaft.de/mitmachen/terrorfilter/
Vortrag re:publica 2019: Terrorfilter?! Die geplanten EU-Terror-Content-Verordnung
Blogbeitrag: Terror Content Regulation: Die Vorschläge von Kommission und LIBE-Ausschuss im Überblick
Pressekontakt:
Elisabeth Niekrenz
elisabeth.niekrenz@digitalegesellschaft.de
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