„Eine Abschaffung der WLAN-Störerhaftung wird es auch mit dem nun vorliegenden Referentenentwurf wohl nicht geben. Statt endlich für die dringend benötigte Rechtssicherheit beim Betrieb offener Funknetze zu sorgen, sieht der Entwurf nur marginale Korrekturen an der verunglückten Gesetzesänderung aus dem vergangenen Jahr vor. Obendrein schafft er auch noch eine gesetzliche Grundlage für Netzsperren. Der erhoffte und längst überfällige Schub für die Verbreitung offener Netzzugänge in Deutschland wird so auch weiterhin ausbleiben.“, erklärt Volker Tripp, politischer Geschäftsführer des Vereins Digitale Gesellschaft.

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) hat Ende vergangener Woche einen Referentenentwurf für ein Drittes Gesetz zur Änderung des Telemediengesetzes vorgelegt und dazu eine Verbändeanhörung eingeleitet. Mit dem Entwurf sollen die erst Ende Juli 2016 in Kraft getretenen Änderungen am Telemediengesetz ergänzt werden, um Rechtssicherheit beim Betrieb offener Drahtloszugänge zum Internet herzustellen. Hintergrund des neuen Vorstoßes ist die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 15. September 2016 über die Haftung von WLAN-Anbietern für Rechtsverstöße der Nutzerinnen und Nutzer (C-484/14, McFadden ./. Sony Music). Die Luxemburger Richter hatten damals geurteilt, dass es mit dem Europarecht vereinbar sei, dem Betrieber eines WLAN-Netzes zum Schutz vor Urheberrechtsverletzungen aufzugeben, sein Netzwerk mit einem Passwort zu sichern und dies nur an solche Personen herauszugeben, die zuvor ihre Identität offengelegt haben.

Ein rechtssicherer Betrieb offener Netze wird durch den Referentenentwurf indes nicht ermöglicht. Vielmehr stellt der Entwurf zunächst klar, dass die WLAN-Störerhaftung weiterhin bestehen bleibt. Speziell im Fall von Urheberrechtsverletzungen können die Rechteinhaber als ultima ratio von den Anbietern „insbesondere“ die Sperrung bestimmter Ports oder Webseiten verlangen. Kurzerhand sollen hier also Netzsperren, die bislang nur richterrechtlich anerkannt waren, gesetzlich verankert werden. Darüber hinaus können Rechteinhaber von den Zugangsanbietern auch andere Vorkehrungen – beispielsweise eine Passwortsicherung oder eine Registrierung der Nutzerinnen und Nutzer – fordern und diese im Streitfall durch Gerichte anordnen lassen. Der Entwurf schafft an dieser Stelle also gerade keine Klarheit, sondern überlässt die Frage, welche Vorkehrungen zum Schutz vor Rechtsverletzungen den Zugangsanbietern in welchem Umfang auferlegt werden können, erneut der Rechtsprechung. Zwar stellt der Entwurf klar, dass die Anbieter in diesen Fällen nicht mehr mit kostenpflichtigen Abmahnungen überzogen werden dürfen; gleichwohl laufen sie immer noch Gefahr, durch Abmahnkanzleien unter Druck gesetzt und im Zweifel sogar noch schneller als bisher vor Gericht gezerrt werden. Aus Sicht der Anbieter sind deshalb die Haftungsrisiken offener Netzzugänge ebenso schwer einzuschätzen wie der Mehrwert, den solche Zugänge für Nutzerinnen und Nutzer tatsächlich bieten können. Die Verbreitung offener Drahtloszugänge zum Internet wird unter diesen Voraussetzungen weiterhin nicht in Gang kommen.

Der Digitale Gesellschaft e.V. hatte bereits im Jahr 2012 einen Vorschlag für einen Gesetzentwurf zur vollständigen Abschaffung der WLAN-Störerhaftung vorgelegt.

Eine ausführliche Stellungnahme zu dem nun vorliegenden Referentenentwurf werden wir in der kommenden Woche veröffentlichen.

Eine Meinung zu “Entwurf zu offenem WLAN: Netzsperren statt Rechtssicherheit

  1. Markus Oehling sagt:

    Das Konsumverhalten als Druckmittel verwenden – z.B. in dem das nächste Auto ein Reisbrenner wird. Vielleicht hat das BMWi daran Interesse.

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