„Der wenig hilfreiche Kommissionsvorschlag zeigt vor allem, dass Günter Oettinger als Digitalkommissar versagt hat. Weder konnte er sich mit der Forderung durchsetzen, nur Spezialdienste zuzulassen, die öffentlichen Interessen dienen, noch findet sich dort eine starke gesetzliche Verankerung der Netzneutralität.“, kritisiert Alexander Sander, Geschäftsführer des Vereins Digitale Gesellschaft.
Die Europäische Kommission hat einen Kompromissvorschlag für eine EU-Regelung zur Netzneutralität erarbeitet. Zurzeit befinden sich EU-Parlament, Ministerrat und Kommission in den Trilog-Verhandlungen, um eine Einigung über die Ausgestaltung der künftigen Vorschriften zu erreichen. Auch wenn der Vorschlag gegenüber dem ursprünglichen Entwurf der Kommission einige kleine Verbesserungen enthält, wird mit ihm immer noch ein Zwei-Klassen-Netz legalisiert. Auslagerungen von etablierten Diensten des offenen Internet auf kostenpflichtige Spezialdienste wären danach ebenso möglich wie Drosselungen und Blockaden von Internetzugängen aus Gründen des Schutzes von Kindern und Jugendlichen. Zudem findet sich in dem neuen Kommissionstext keine bedingungslose gesetzliche Verankerung der Netzneutralität.
Digitalkommissar Oettinger hatte in den vergangenen Wochen mit Verweis auf Telemedizin und selbstfahrende Autos immer wieder betont, er wolle Spezialdienste nur zulassen, wenn die Anbieter einen Bedarf für die Einrichtung einer Überholspur nachweisen und der Dienst öffentlichen Interessen dient. Von diesen Einschränkungen ist in dem nun vorliegenden Kommissionstext allerdings an keiner Stelle die Rede. Oettinger ist offenbar noch nicht einmal in der Lage, seine Vorstellungen in seinem eigenen Zuständigkeitsbereich durchzusetzen. Nicht zuletzt damit hat er sich für den Posten des Digitalkommissars klar disqualifiziert.