„Der Innenausschuss des EU-Parlaments hat heute den Grundstein für die Totalüberwachung des Reiseverkehrs von und nach Europa gelegt. Zu den geplanten Vorratsdatenspeicherungen des Kommunikations- und des Straßenverkehrs soll nun auch noch die Protokollierung des internationalen Flugverkehrs hinzukommen. Die angeblichen Sicherungen zum Schutz der Privatsphäre sind dabei nicht mehr als der dürftige und untaugliche Versuch, den Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs zur anlasslosen Speicherung personenbezogener Daten nachzukommen.“, erklärt Alexander Sander, Geschäftsführer des Vereins Digitale Gesellschaft.
Der Innenausschuss des Europäischen Parlaments (LIBE) hat heute über die Einführung eines EU-weiten Systems zur Vorratsdatenspeicherung von Fluggastdaten (Passenger Name Record, kurz PNR) abgestimmt. Vor dem Votum waren dort weit mehr als 800 Änderungsanträge zu dem ursprünglichen Entwurf der EU-Kommission eingegangen. Während Anträge, die auf eine Ablehnung des Vorhabens gerichtet waren, keine Mehrheit fanden, billigten die Abgeordneten im Wesentlichen die Schaffung eines europaweiten PNR-Systems.
Dabei nahmen die Parlamentarier zwar innereuropäische und nationale Flüge von der Speicherung aus, bei internationalen Flügen von der EU und in die EU hingegen sollen künftig pro Passagier und Flug bis zu 60 Einzelangaben festgehalten werden. Die Daten werden zunächst 30 Tage lang offen gespeichert, danach werden personenbezogene Angaben wie Name und Adresse in einer weiteren Datenbank fünf Jahre lang verdeckt aufbewahrt. Zur Verfolgung und Verhinderung von Straftaten, die im Höchstmaß mit einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren bedroht sind, darf vier Jahre lang auf die Daten zugegriffen werden. Zu diesen Straftaten gehören auch Delikte wie „schwere computerbezogene Straftaten“ und „Cybercrime“. Im Falle von terroristischen Taten ist der Zugriff sogar für die Dauer von fünf Jahren erlaubt. In diesen Fällen sowie bei unmittelbaren und erheblichen Gefahren für die öffentliche Sicherheit soll es den Mitgliedstaaten außerdem erlaubt sein, die Daten an Drittstaaten weiterzugeben. Die Voraussetzungen für die Datenweitergabe sind dabei derart weit und unbestimmt gefasst, dass sie faktisch keine Sicherung der Privatsphäre darstellen. Die Mitgliedstaaten können die Daten im Übrigen für Zwecke des Data-Mining und des Profiling verwenden, um auf diese Weise aktiv neue Verdächtige zu generieren. In diesem Zusammenhang dürfen sie die Daten außerdem mit der europäischen Polizeibehörde Europol austauschen.