Liebe Freundinnen und Freunde der Digitalen Gesellschaft,

mit ein wenig Verspätung erreicht Euch mal wieder unser Newsletter. Die letzten Monate waren nicht nur vom Kampf gegen die Zumutungen deutscher und insbesondere europäischer Politik geprägt, sondern auch von einer schönen neuen Dynamik innerhalb des Vereins.

1. Mitgliederversammlung, Neuer Vorstand

2. Anhörung zur Chatkontrolle im Digitalausschuss des Bundestags

3. Förderung durch die Postcode-Lotterie

4. Netzpolitische Abende

5. 20 Jahre EDRi

6. Umsetzung DSA

7. Hacking in Parallel

8. Spendenaktion

1. Mitgliederversammlung, Neuer Vorstand

Daher zunächst Neues in eigener Sache. Am vergangenen Wochenende fand unsere jährliche Mitgliederversammlung vorgezogen und damit bereits im Frühjahr statt. Der Vorstand ist damit dem Wunsch unserer Mitglieder nach einer Erneuerung und besseren Strukturierung des Vereins nachgekommen und hat eine vorzeitige Wahl zum Vorstand angesetzt. Das Ergebnis der sehr gut besuchten Versammlung war eindeutig: Marie „shiro“ Gutbub (sie/she) und Karl „pajowu“ Engelhardt (es/they) wurden einstimmig gewählt, Benjamin Wolf einstimmig im Amt bestätigt.

Marie kennt Ihr vielleicht von unseren Netzpolitischen Abenden, auf denen sie schon häufiger den aktuellen Stand rund um den Prototype Fund vorgestellt hat, den sie als Co-Projektleitung betreut. Pajowu ist ehrenamtliche Software-Entwickler*in bei „Frag den Staat“, engagiert sich beim Kollektiv zerforschung und war in der Core-Orga der Hacking in Parallel eine große Hilfe.

Wir bedanken uns hier noch mal ganz besonders bei Elke Steven, die nach ihrer Arbeit als Geschäftsführerin der DigiGes in den Vorstand gewählt wurde und bei Rüdiger Weis für seine langjährige Arbeit im Vorstand des Vereins.

Markus Hartmann und Khaleesi (Elina Eichstädt) im Digitalausschuss

2. Anhörung zur Chatkontrolle im Digitalausschuss des Bundestags

Schwerpunkt unserer inhaltlichen Arbeit bleibt weiterhin der Kampf gegen die drohende Chatkontrolle. Die Bundesregierung kann sich weiterhin nicht zu einem klaren ‚Nein‘ zu den dystopischen Überwachungsplänen der EU durchringen, obwohl die Verhandlungen in Brüssel auf Hochtouren laufen. Dabei geraten immer weiter die Pläne für eine verpflichtende Altersverifikation und Netzsperren in den Blick, die insbesondere im Rat einigen Mitgliedsstaaten nicht weit genug gehen kann.

Nachhilfe konnte die Regierung am 1. März nehmen, als im Bundestag der Ausschuss für Digitales eine öffentliche Anhörung abhielt. Als Sachverständige war eine große Runde von Expert:innen aus den verschiedensten Fachbereichen geladen. So war als Vertreterin des Chaos Computer Clubs und unserer Kampagne “Chatkontrolle STOPPEN!” Khaleesi (Elina Eichstädt) sowie Teresa Widlok von LOAD e.V. vor Ort, für EDRi war Ella Jakubowska zugeschaltet und von der Gesellschaft für Freiheitsrechte hat Felix Reda Fragen beantwortet. Alle Fachleute, von Joachim Türk vom Kinderschutzbund über Markus Hartmann, Leiter der Zentral- und Ansprechstelle Cybercrime Nordrhein-Westfalen (ZAC NRW), bis zu Prof. Dr. Martin Steinebach vom Fraunhofer-Institut für Sichere Informationstechnologie (SIT) sprachen sich dabei klar gegen den Verordnungsentwurf aus. Der Eingriff in die Privatsphäre und die Grundrechte wäre katastrophal (und würde wohl vor dem EuGH oder dem Verfassungsgericht nicht standhalten). Die geplanten Maßnahmen wären technisch überhaupt nicht umzusetzen – und: Das Gesetz würde den Strafverfolgungsbehörden nicht helfen, sondern durch massive Fehleranfälligkeit ihre Arbeit sogar behindern. Hoffen wir, dass sich die Parteien diese Expertenmeinungen zu Herzen nehmen und der Chatkontrolle mit einem klaren “Nein!” im EU-Rat endlich ein Ende machen. Details findet Ihr bei uns im Blog und bei netzpolitik.org.

Unsere Bündnisarbeit geht weiter und auch in den ersten Monaten des Jahres haben wir nicht nur Gespräche mit Entscheidungsträger:innen geführt, sondern auf Veranstaltungen und in den Medien weiter gegen die Pläne der EU mobilisiert, teilweise sehr gut sichtbar.

Währenddessen nimmt auch europaweit der Widerstand gegen die Chatkontrolle an Fahrt auf. Im Rahmen der Kampagne „StopScanningMe“ gibt es eine Petition an die Abgeordneten des Europaparlaments, die bereits von 124 Organisationen und zahlreichen Einzelpersonen unterschrieben wurde. Bitte zeichnet hier mit, um ein deutliches Zeichen zu setzen!

Deutsche Postcode Lotterie

3. Förderung durch die Postcode-Lotterie

Im März dieses Jahres haben wir eine großzügige Förderung der Deutschen Postcode Lotterie erhalten. Die Postcode Lotterie unterstützt Projekte aus den Bereichen Chancengleichheit, Sozialer Zusammenhalt, Natur- und Umweltschutz. Für die DigiGes haben wir uns mit dem Projekt „Netzpolitischer Abend“ beworben, den wir nun seit über 10 Jahren veranstalten und der im April mit der 125. Ausgabe ein weiteres Jubiläum feiert. Die Förderung ist zum Teil für Personalkosten, zum großen Teil aber auch für Sachkosten bestimmt. Das heißt, wir werden uns endlich eigene Kamera- und Schnitt-Technik anschaffen können und damit das Equipment der c-base für die NPAs ergänzen.

NPA125

4. Netzpolitische Abende

Die NPAs auf der c-base waren in den letzten beiden Monaten wieder richtig gut besucht. Das hat natürlich auch die Vortragenden sehr gefreut, da der Q&A Teil ja zu den Talks dazu gehört. Und wir freuen uns natürlich alle, dass auch nach dem offiziellen Programm noch interessante Menschen aus allen möglichen Interessensgebieten rund um die Netzpolitik zum Austausch in der mainhall (oder auch bald wieder an der Spree) dabei sind.

Ein etwas anderes Format hatten wir Anfang März: Zum Thema Responsible Disclosure hatten wir drei Kurzvorträge und anschließend ein moderiertes Panel zum Thema organisiert. Die Aufzeichnung findet Ihr hier.

Nächsten Dienstag wird es um Registermodernisierung sowie feministische Digitalpolitik gehen und wir haben dazu Bianca Kastl und Corinna vom Superrr Lab zu Gast. Außerdem wird sich der „public space for privacy“ Topio vorstellen. Kommt also gerne am 4. April auf die c-base oder verfolgt den 125. Netzpolitischen Abend im Stream.

5. 20 Jahre EDRi

Ganz herzlich gratulieren wir European Digital Rights (EDRi), dem europäischen Dachverband netzpolitischer Organisationen zu 20 Jahren unermüdlichen Einsatzes für Grundrechte im Netz und dem erfolgreichen Aufwirbeln von viel Staub in den verwinkelten Gängen der Brüsseler Institutionen. Ohne EDRi als Organisation mit großartigen Mitarbeiter:innen, vor allem aber als Netzwerk engagierter Mitstreiter:innen wäre unsere Arbeit kaum möglich, denn ein großer Teil der politisch relevanten Entscheidungen werden längst nicht mehr in Berlin oder Karlsruhe getroffen, sondern in Brüssel und Luxemburg.

Am 21. März haben wir in Brüssel nach einem teilweise sehr unterhaltsamen Bühnenprogramm und Reden der Vizepräsidentin der EU-Kommission Margrethe Verstager und der Vorsitzenden der Signal-Foundation Meredith Whittaker eine schöne Party gefeiert und unsere europäischen Partner besser kennengelernt. Wir hoffen viele der Mitreiter:innen bald auf der General Assembly in Belgrad wiederzusehen, nachdem wir die Veranstaltung im letzten Jahr in Berlin organisiert hatten.

6. Umsetzung DSA

In Deutschland steht die Umsetzung des Digital Services Acts und damit der europäischen Plattformregulierung an. Auch wenn der DSA in unseren Augen leider einige Schwachpunkte hat und eine wichtige Chance vertan wurde, einen tatsächlichen Paradigmenwechsel in der Regulierung großer Plattformen zu vollziehen, wird er erheblichen Einfluss haben. Er ist zwar als Verordnung unmittelbar geltendes Recht, aber dennoch verbleiben einige Möglichkeiten der konkreten Ausgestaltung bei den Mitgliedsstaaten. Mit dem „Digital Services Coordinator“ muss der deutsche Gesetzgeber eine sehr mächtige Aufsichtsbehörde schaffen, die nicht nur im Verbund mit anderen europäischen Behörden und der EU-Kommission die Aufsicht über große Plattformen führt, sondern auch zahlreiche weitere Aufgaben erfüllt. Von der faktischen Medienaufsicht bis zur Sicherstellung des Zugangs von Informationen für Wissenschaft und Zivilgesellschaft ist der Aufgabenbereich breit gestreut. Ob die von der Bundesregierung ins Auge gefasste Bundesnetzagentur dieser Aufgabe gerecht werden kann, wird sich zeigen. Dass der Digital Services Coordinator dabei transparent und unter aktiver Einbindung der Zivilgesellschaft handeln muss, haben wir Ende Februar gemeinsam mit zwölf anderen Organisationen in einem offenen Brief gefordert.

7. Hacking in Parallel

Die kleine, feine Konferenz ist jetzt schon drei Monate her, aber wir wollten doch noch kurz informieren, wie es gelaufen ist. Angesichts der kurzen Vorlaufzeit von nur ca. 7 Wochen sind wir und alle Mitveranstalter:innen sehr zufrieden mit dem Event. Mit rund 450 Teilnehmern war es eine gemütliche Konferenz in familiärer Atmosphäre, die alles geboten hat, was man von so einer Veranstaltung erwartet. Es gab Talks zu Hacktivismus, Netzpolitik und Security; Workshopräume, eine Lötwerkstatt und natürlich eine Art & Beauty-Crew, die die Theaterschulenräume in nerd-tauglich buntes Licht getaucht haben. Die Organisation war für uns eine außergewöhnliche Erfahrung, bei der wir viel gelernt haben für zukünftige Veranstaltungen. Vor allem hat sich aber wieder gezeigt, was man alles realisieren kann, wenn tolle Menschen mit jeder Menge Engagement und Fachwissen an einem Strang ziehen. Ein paar Photos haben wir auf dem NPA123 gezeigt, einige Talks findet Ihr bereits auf media.ccc.de, die restlichen werden dort auch noch hochgeladen.

8. Spendenaktion

Im Herbst 2022 haben wir eine kleine Spendenkampagne gestartet und als zusätzliches Spendenziel 25.000 € bis zum Jahresende angesetzt. Mit dieser Summe wären wir sicher ausfinanziert gewesen. Unsere jährlichen Kosten lagen 2021 bei rund 100.00 €. Für 2022 liegen die endgültigen Zahlen noch nicht vor, aber die Kosten sind ähnlich hoch geblieben.

Auch wenn wir das Ziel nicht erreicht haben, bedanken wir uns bei allen Fördermitgliedern und Unterstützern! In den letzten Monaten 2022 haben sich die Einzelspenden an uns fast verdoppelt. Auch durch die Förderungen der Bewegungsstiftung und der Deutschen Postcode Lotterie können wir unsere Arbeit in diesem Jahr fortsetzen.

Eine Auflistung der Mittelherkunft und Mittelverwendung 2022 gibt es natürlich wieder, sobald das letzte Jahr von unserem Steuerbüro komplett abgerechnet wurde.

Wie immer könnt Ihr den Verein hier unterstützen oder sogar Fördermitglied werden.

Euch allen einen schönen Frühlingsanfang!

Tom und e-punc