Zur erneuten Abstimmung des Europäischen Parlaments: Überzeugt die EU-Abgeordneten!
Am 12. September 2018 stimmt das Europäische Parlament noch einmal über die Urheberrechtsreform und damit über den Einsatz von Upload-Filtern ab. Für die Woche vom 4. bis 11. September ruft das Bündnis #SaveYourInternet zu einer Aktionswoche auf, um die europäischen Abgeordneten davon zu überzeugen, dass die Einführung von Upload-Filtern im Zuge der Urheberrechtsreform einen politischen Holzweg und einen gefährlichen Präzedenzfall für die Einschränkung der Meinungs- und Informationsfreiheit darstellt.
Neben der Einführung von Upload-Filtern zur automatisierten Erkennung und Verhinderung vermeintlicher Urheberrechtsverstöße, wird auf europäischer Ebene bereits länger über die Einführung von Upload-Filtern zur Entfernung weiterer tendenziell problematischer Inhalte verhandelt. Was als freiwillige Zusammenarbeit der Europäischen Kommission mit den großen US-Internetunternehmen im Rahmen des EU-Internet-Forums begann, droht nun in eine Art Netzwerkdurchsetzungsgesetz inklusive Upload-Filtern auf EU-Ebene zu münden. Die Europäische Kommission hat die Vorstellung entsprechender Pläne, mit dem Ziel der Terrorismusbekämpfung, für September angekündigt. Wie so häufig spielt der deutsche Innenminister eine treibende Rolle dabei.
Zusammen mit einer Vielzahl weiterer Verbraucherschutz- und Bürgerrechtsorganisationen lehnt die Digitale Gesellschaft die Einführung von Upload-Filtern ab. Wir rufen die Abgeordneten des Europäischen Parlaments dazu auf, am 12. September 2018 gegen jegliche Vorschläge, die eine Einführung von Upload-Filtern bedeuten, zu stimmen. Darüber hinaus fordern wir die Abgeordneten und andere politische Entscheidungsträger*innen auf, sich kritisch mit der Einführung solcher automatisierten Systeme zur Inhalteregulierung auseinanderzusetzen.
Sie sind schon aus technischer und wirtschaftspolitischer Sicht ein Problem, vor allem sind sie aber ein Desaster für Grundrechte und Demokratie.
Technische Probleme: Die aktuelle Tendenz geht dahin, mithilfe neuronaler Netzwerke eine Kontrollwertberechnung vorzunehmen. Das Nachvollziehen von Entscheidungen von neuronalen Netzen gehört zu den spannendsten und noch am wenigsten verstandenen Teilgebieten der Informatik. Nachvollziehbare Entscheidungsbeschreibungen sind bereits technisch höchst schwierig. Die Einführung von Uploadfiltern hätte kafkaeske Implikationen. Eine künstliche Intelligenz, die wir nicht verstehen, würde über unsere Kommunikation richten. Ihr Kunst- und Satireverständnis wird sehr begrenzt sein.
Wirtschaftspolitische Probleme: Gemäß dem Haftungsprivileg der europäischen E-Commerce-Richtlinie müssen Hosting-Provider bisher rechtswidrige Inhalte erst dann entfernen, wenn sie Kenntnis davon erlangen. Das ermöglicht es kleinen und mittelständischen Unternehmen überhaupt erst, ihre Dienste anzubieten. Die Verpflichtung zur Einführung von Upload-Filtern würde sie dazu zwingen, auf die Filtersysteme und Datenbanken der großen und marktbeherrschenden US-Plattformen zurückzugreifen.
Grundrechtliche Probleme: Meinungs- und Informationsfreiheit sind hohe Rechtsgüter, in die nur nach sorgfältiger Abwägung eingegriffen werden darf. Jede „vorbeugende“ Löschung stellt einen schwerwiegenden Eingriff in Grund- und Menschenrechte dar und gefährdet die Demokratie. Die Bewertung von Meinungen als rechtswidrig ist immer neu und auf der Grundlage der im Fluss befindlichen gesellschaftlichen Debatte zu treffen. Um sich selbst vor Strafen zu schützen, ist es für Unternehmen allerdings naheliegend, lieber zu viel als zu wenig zu löschen.
„Upload-Filter lösen weder die Probleme des Urheberrechts noch des Terrorismus. Sie laborieren an den vermeintlichen Symptomen herum und tragen nichts zur Bekämpfung der Ursachen bei – im Gegenteil. Im Urheberrecht schützen sie veraltete Regeln, in der Terrorismusfrage verhindern sie sogar die gesellschaftliche Auseinandersetzung mit den entsprechenden Phänomenen, weil Meinungen automatisiert unsichtbar gemacht werden. Upload-Filter sind Symbolpolitik mit nicht akzeptablen Kollateralschäden für eine offene und freiheitliche digitale Gesellschaft“ stellt Elke Steven, Geschäftsführerin der Digitalen Gesellschaft fest.