Anlässlich der heute beginnenden Koalitionsverhandlungen zwischen SPD und Union veröffentlichen wir noch einmal unsere 10 netzpolitischen Handlungsempfehlungen, die wir bereits zum Start der Jamaika-Sondierungen ausgesprochen hatten.

1. Anlasslose Massenüberwachung beenden.

  • Bestehende Gesetze zur anlasslosen Überwachung (Vorratsdatenspeicherung, Fluggastdatenspeicherung) aufheben.
  • Freiwillige Speicherung von Verkehrs- und Standortdaten sowie Speicherung zu Abrechnungszwecken durch Provider auf absolut notwendiges Maß begrenzen.
  • Keine neuen Maßnahmen und Gesetze zur anlasslosen Speicherung personenbezogener Daten einführen.

2. Schutz der Identität online und offline gewährleisten.

  • Intelligente Videoüberwachung weder punktuell noch flächendeckend einführen.
  • Möglichkeit der pseudonymen Nutzung von Online-Diensten erhalten.

3. Datenschutz wahren und fördern.

  • Verbraucherunfreundliche Abweichungen von der Datenschutzgrundverordnung aus dem deutschen Datenschutzanpassungs- und Umsetzungsgesetz streichen.
  • Im Rahmen der ePrivacy-Reform Privacy-by-Design und Privacy-by-Default festschreiben, Verarbeitung von Verkehrs- und Inhaltsdaten wirksam begrenzen.
  • Datenschutzprinzipien, vor allem Datenminimierung und Zweckbindung, beibehalten und stärken, etwa durch Unterstützung wirksamer Datenschutzfolgeabschätzungen und Konkretisierung der Regelungen zu Privacy-by-Design und Zertifizierung.
  • Datenschutz als Standortvorteil begreifen: Förderung von StartUps und innovativer Datenschutzprojekte, durch die Privacy-by-Design und Privacy-by-Default gestärkt werden. Innovationen beim Datenschutz als Kriterium bei der Vergabe öffentlicher Fördermittel berücksichtigen.
  • Forschung zu automatisierten Entscheidungsverfahren und den Möglichkeiten ihrer Regulierung fördern.

4. Meinungs- und Informationsfreiheit online stärken.

  • Das bewährte Haftungsregime Notice-and-Action beibehalten.
  • Wissenschaftliche Untersuchung der Phänomene Hate Speech und Fake News anstoßen und fördern.
  • Keine Upload-Filter für Host-Provider vorschreiben, Rechtsdurchsetzung nicht privatisieren.
  • Netzwerkdurchsetzungsgesetz aufheben.

5. Verschlüsselung und IT-Sicherheit gewährleisten.

  • Hersteller und Entwickler von Verschlüsselungstechnologie verpflichten, bekannte Lücken unverzüglich zu schließen.
  • Produkthaftungsanspruch und Möglichkeit der Verhängung von Bußgeldern gegen Hersteller bei Verstößen gegen diese Pflicht schaffen.
  • Hersteller und Entwickler nicht zur Einrichtung von Backdoors, zur Hinterlegung von Schlüsseln oder zum Einsatz von Generalschlüsseln zwingen.
  • Staatlicherseits bekannt gewordene Sicherheitslücken unverzüglich veröffentlichen.
  • Staatliche Stellen dürfen keine Zero-Day-Exploits oder andere Sicherheitslücken ankaufen.

6. Flächendeckenden, nachhaltigen Breitbandausbau vorantreiben.

  • Einsatz zukunftsfester Leitungstechnologien (Glasfaser) fördern.
  • Alternative Finanzierungskonzepte fördern, beispielsweise Bürgerfond Breitband
    oder kleinteilige genossenschaftliche Finanzierungsmodelle.
  • Neue, für Breitbandausbau zweckgebundene Fördermittel durch Verkauf der Bundesanteile an der Telekom bereitstellen.

7. Netzneutralität sichern.

  • Zero-Rating ausdrücklich verbieten.
  • Unklarheiten und Unschärfen in europäischer Verordnung zur Netzneutralität beseitigen.
  • Neutrale Messverfahren in der Transparenzverordnung festschreiben.

8. Urheberrecht zeitgemäß liberalisieren.

  • Recht auf Remix und Fair-Use-Klausel schaffen.
  • Urheberrechtliche Schranke für Text- und Data-Mining einführen.
  • Offene Lizenzen bei Vergaben und Mittelbeschaffung durch staatliche Stellen bevorzugen.
  • Keine (Re-)Upload-Filter zur Durchsetzung von StayDown-Verpflichtungen vorschreiben.

9. Digitale Grundbildung ausbauen und fördern.

  • Zur Verbesserung der Medienkompetenz umfassende Fördermittel für außerschulische digitale Bildungsangebote bereitstellen (Erwachsenenbildung).
  • Die bereits in der vergangenen Legislaturperiode versprochenen 5 Milliarden Euro für digitale Ausstattung der Schulen bereitstellen.
  • Den Einsatz von Open Educational Resources und freier Software im Bildungswesen fördern.

10. eGovernment und Open Data ausweiten und verbessern.

  • Behördliche Daten öffentlich elektronisch abrufbar machen.
  • Digitalisierung der Verwaltung vorantreiben.
  • Elektronisches „Bürgerkonto“ und „Bürgerportal“ insbesondere für Kontakte mit der Kommunalverwaltung einrichten.