„Mit seinem heutigen Urteil zur Vorratsdatenspeicherung macht der Europäische Gerichtshof allen Sicherheitsesoterikern und Überwachungsfanatikern einen dicken Strich durch die Rechnung. Gesetze der Mitgliedstaaten, die eine anlass- und uferlose Bevorratung von Kommunikationsdaten vorschreiben, sind mit dem EU-Recht unvereinbar und müssen aufgehoben werden. Nun muss auch Deutschland reagieren und die erst im vergangenen Jahr verabschiedete Neuauflage der Vorratsdatenspeicherung ein für allemal auf den Müllhaufen der Geschichte verbannen.“, erklärt Volker Tripp, politischer Geschäftsführer des Vereins Digitale Gesellschaft.

In zwei miteinander verbundenen Verfahren hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) heute die anlasslose Bevorratung von Kommunikationsdaten endgültig für unvereinbar mit EU-Grundrechten erklärt. Bereits 2014 hatte das Gericht die damalige EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung als ungültig verworfen. Die Richtlinie, welche den Mitgliedstaaten die Einführung einer Speicherpflicht für Verkehrsdaten aus der elektronischen Kommunikation vorschrieb, verkürze in unverhältnismäßiger Weise die EU-Grundrechte auf Privatsphäre und den Schutz personenbezogener Daten, so die Richter damals. Offen blieb nach dem Urteil von 2014 die Frage, ob auch mitgliedstaatliche Regelungen zur Vorratsdatenspeicherung an diesem Maßstab zu messen und mit ihm vereinbar sind. Gegenstand der beiden heute entschiedenen Verfahren waren die Gesetze zur Vorratsdatenspeicherung in Schweden und dem Vereinigten Königreich.

In erfreulicher Klarheit führt das Gericht zunächst aus, dass auch mitgliedstaatliche Regelungen, die eine Speicherung von Kommunikationsdaten vorschreiben, den Vorgaben der EU-Grundrechte genügen müssen. Des Weiteren stellen die Luxemburger Richter deutlich heraus, dass anlass- und verdachtsunabhängige Speicherverpflichtungen stets gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verstoßen, weil sie niemals auf das absolut notwendige Maß begrenzt sind. Eine Bevorratung von Kommunikationsdaten kann danach nur zulässig sein, wenn sie zeitlich und örtlich beschränkt ist und auf Personen abzielt, bei denen konkrete Hinweise für die Verwicklung in schwere Straftaten vorliegen. Damit verbietet das Gericht klar die von Sicherheitsesoterikern und Überwachungsfanatikern auch hierzulande immer wieder fälschlich als Allheilmittel propagierte Behandlung der gesamten Bevölkerung als Verdächtige. Daher muss Deutschland das erst Ende vergangenen Jahres entgegen aller Proteste und Mahnungen verabschiedete Gesetz zur Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung nun unverzüglich aufheben und von weiteren Anläufe für anlasslose Datensammlungen endgültig Abstand nehmen.

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