Heute hat die Agentur OpenDataCity eine Visualisierung der Verbindungs- und Standortdaten des schweizerischen Nationalrats und Fraktionspräsidenten der Grünen, Balthasar Glättli, online gestellt. Die Veröffentlichung ist vor allem für die derzeit mit zunehmender Härte geführte Debatte um die Einführung der Vorratsdatenspeicherung in Deutschland von Bedeutung.

Die grafische Aufbereitung auf der Webseite von OpenDataCity vermittelt auf ebenso eindringliche wie anschauliche Weise, welche Gefahren für die Privatsphäre mit der mehrmonatigen anlasslosen Protokollierung der Verbindungsdaten verbunden sind. Auf einer interaktiven Karte lässt sich anhand der Verbindungsdaten nahezu hausnummerngenau nachvollziehen, wo sich der Politiker zu einem beliebigen Zeitpunkt des ersten Halbjahres 2013 aufgehalten hat. Wann er mit wem per Telefon oder SMS in Kontakt getreten ist, ist parallel dazu ebenso ersichtlich wie Zeitpunkte, Absender, Empfänger und Betreffzeilen der bei ihm ein- und ausgegangenen Emails. Eine Kalenderansicht bietet außerdem einen Überblick darüber, an welchen Tagen er sich vorwiegend etwa im Großraum Zürich, Bern oder Basel aufgehalten hat. Im Verhältnis zu einem ähnlichen Projekt der Agentur mit dem Grünen-Politiker Malte Spitz aus dem Jahre 2011 konnte OpenDataCity bei der Visualisierung der Glättli-Daten die Geolokation sogar noch weiter präzisieren, da dieses Mal die genauen Standorte der Funkmasten, über welche die Verbindungsdaten erfasst wurden, bekannt waren.

“Mit der Visualisierung macht OpenDataCity genau die Gefahren für die Privatsphäre sichtbar, die den Europäischen Gerichtshof bereits Anfang April dazu veranlasst hatten, die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung rückwirkend aufzuheben. Selbst den eifrigsten Befürwortern einer anlasslosen Massenspeicherung in Deutschland wird damit klar vor Augen geführt, wie das Leben eines Menschen mit Hilfe von Verbindungsdaten nahezu lückenlos verfolgt und seine Privatsphäre fast vollständig ausgeforscht werden kann. Wer die Hoheit über diese Daten besitzt, verfügt zugleich über ein enormes Manipulations- und Erpressungspotential auch und gerade gegenüber öffentlichen Personen wie Politikern. Für eine freiheitliche Gesellschaft und eine rechtsstaatliche Demokratie sind derartige Risiken grundweg inakzeptabel.”, erklärt Volker Tripp, politischer Referent des Vereins Digitale Gesellschaft.

Wie auch der EuGH in seinem Urteil zutreffend feststellt, stehen diese tiefgreifenden Gefahren völlig außer Verhältnis zum empirisch nicht nachgewiesenen Nutzen der Vorratsdatenspeicherung für die Strafverfolgung. Ungeachtet dessen beharren insbesondere Vertreter von Sicherheitsbehörden und Innenpolitiker der Großen Koalition weiter darauf, die anlasslose Massenspeicherung sämtlicher Verbindungsdaten in Deutschland einzuführen. Mit welchen immensen Begründungsschwierigkeiten die Law-and-Order-Hardliner dabei zu kämpfen haben, zeigt nicht zuletzt der misslungene Versuch, die Vorratsdatenspeicherung in der öffentlichen Debatte als “private Vorsorgespeicherung” zu verharmlosen. In dieselbe Richtung weist jedoch vor allem der Vorwurf, die Gegner der Vorratsdatenspeicherung nähmen billigend in Kauf, dass Straftaten im Bereich der Kinderpornographie nicht effektiv verfolgt werden könnten.

Volker Tripp kommentiert: “Der Rückgriff auf derart sachlich falsche und beschämend populistische Unterstellungen kommt einem politischen Offenbarungseid gleich. Mehr als die offensichtlich beabsichtigte Diffamierung der Vorratsdatenspeicherungsgegner bestürzt uns mit Blick auf die Versäumnisse der Strafverfolgungsbehörden dabei vor allem die schamlose Instrumentalisierung der Opfer solch schwerer Verbrechen. Wie jüngst der Fall Edathy zeigte, werden Ermittlungen in Fällen des Besitzes und der Verbreitung kinderpornographischen Materials bedauerlicherweise häufig erst mit vielen Monaten oder sogar Jahren Verspätung in Gang gesetzt. Eine Erklärung dafür, wie eine dreimonatige Speicherung der Verbindungsdaten angesichts dieser behördlichen Unzulänglichkeiten bei der Aufklärung behilflich sein soll, sind die Befürworter der Vorratsdatenspeicherung bislang schuldig geblieben. Statt diesen Stimmen nachzugeben, muss die Bundesregierung dem Grundrechtsschutz deshalb endlich oberste Priorität einräumen und das Vorhaben Vorratsdatenspeicherung ersatzlos beerdigen.”