In den Koalitionsverhandlungen haben sich CDU/CSU und SPD auf eine Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung geeinigt.
Der Digitale Gesellschaft e.V. lehnt die Vorratsdatenspeicherung als schwerwiegenden Grundrechtseingriff weiterhin grundsätzlich ab. „Die Koalitionsverhandlungen hätten der künftigen Bundesregierung die einmalige Chance geboten, sich gegen jegliche Form der anlasslosen und verdachtsunabhängigen Überwachung auszusprechen und die Vorratsdatenspeicherung endgültig zu verwerfen. Union und SPD haben diese Chance verpasst und sich für das genaue Gegenteil entschieden. Sie wollen die Überwachungsinfrastruktur mit hohem Missbrauchspotenzial erneut einführen.“, sagt Markus Beckedahl, Vorsitzender des Digitale Gesellschaft e.V.
Bereits die anlasslose Speicherung sämtlicher Verbindungsdaten und nicht erst der konkrete behördliche Zugriff auf einzelne Datensätze stellt einen schwerwiegenden Eingriff in die Privatsphäre und die Persönlichkeitsrechte der Bürgerinnen und Bürger dar. Nicht zuletzt die Enthüllungen von Edward Snowden haben gezeigt, dass Verbindungsdaten derart weitreichende Schlüsse über die Lebensgewohnheiten, Aufenthaltsorte, Tätigkeiten und die soziale Vernetzung einer Person erlauben, dass sogar ihre Absichten und ihr zukünftiges Verhalten vorhersehbar werden. Allein das Bewusstsein um das Bestehen einer solchen Architektur wird bei vielen unbescholtenen Menschen dazu führen, bestimmte Gedanken im Zweifel nicht zu äußern und mit bestimmten Personen im Zweifel nicht zu kommunizieren – also ihre grundgesetzlich garantierten Freiheiten im Zweifel also nicht zu gebrauchen. Die Vorratsdatenspeicherung ist deshalb mit einer freien und demokratischen Gesellschaft, die gerade vom aktiven und offen geführten Dialog lebt, grundsätzlich nicht vereinbar.
Die mit der anlasslosen Speicherung sämtlicher Verbindungsdaten verbundenen Risiken und Gefahren stehen völlig außer Verhältnis zu dem nachweisbaren Nutzen, etwa für die Kriminalitätsbekämpfung. Studien des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages und des Max-Planck-Instituts für ausländisches und internationales Strafrecht konnten keine nennenswerte Steigerung der Aufklärungsquote oder der Effizienz der Strafverfolgung für den Zeitraum feststellen, in dem die Vorratsdatenspeicherung in Deutschland durchgeführt wurde.
Neben diesen prinzipiellen Einwänden gegen die Vorratsdatenspeicherung erscheint auch die nun geplante Umsetzung in ihrer konkreten Form bedenklich. Der Zugriff auf die gespeicherten Daten soll nicht nur zur Verhinderung schwerer Straftaten, sondern auch zur Abwehr von akuten Gefahren für Leib und Leben erlaubt werden. Markus Beckedahl sagt: „Der Datenzugriff soll nach den Vorstellungen der Koalition grundsätzlich zwar nur auf richterlichen Beschluss hin erfolgen, gerade im Rahmen der Gefahrenabwehr kann diese Hürde jedoch mit Hinweis auf die besondere Eilbedürftigkeit des Einzelfalls leicht umgangen werden.“
„Wenn die künftige Bundesregierung die Grundrechte der Menschen in Deutschland ernst nehmen würde und Lehren aus der Überwachungsaffäre gezogen hätte, würde sie die Vorratsdatenspeicherung nicht wieder einführen.“, so Beckedahl. „Vielmehr müsste sie sich in der jetzigen Situation auf EU-Ebene für eine Komplett-Aufhebung der Richtlinie einsetzen.“