BGH-Urteil stärkt Abmahnanwälte und zeigt: Urheberrecht muss endlich reformiert werden!
Zum heutigen Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) zu Auskunftsansprüchen von Rechteinhabern gegenüber Internetzugangsprovidern erklärt Markus Beckedahl, Vorsitzender des Digitale Gesellschaft e.V.: „Mit diesem Urteil stellt der BGH das komplette Haftungsregime im Internet in Frage. Bislang galt, dass Internet Provider nicht für die Inhalte ihrer Nutzer haftbar sind. Die Leitsatzentscheidung des BGH ändert das, Profiteure dieser Entscheidung sind dabei ausschließlich Abmahnanwälte.“
In dem heute veröffentlichten Urteil dehnt der BGH den urheberrechtlichen Auskunftsanspruch auf alle „offensichtlichen“ Urheberrechtsverletzungen im Internet aus – unabhängig davon, ob das Ausmaß dieser Verletzung gewerblich ist. Besondere Brisanz erhält dieses Urteil, weil der mit dem Auskunftsanspruch verbundene Grundrechtseingriff in das Telekommunikationsgeheimnis bei der Verabschiedung des Gesetzes damit gerechtfertigt worden war, dass dieser nur bei gewerbsmäßigen Verletzungen überhaupt Anwendung finden würde.
Der BGH hat nun in seiner Leitsatzentscheidung jedoch die Intention der Gesetzgebung in ihr Gegenteil verkehrt: statt dass rechtsverletzende Nutzer dann mit einer Auskunft durch den Provider rechnen müssen, wenn sie in gewerblichem Ausmaß Dateien tauschen, ernennen die Richter die Internetprovider zu Rechtsverletzern, da sie „in gewerblichem Ausmaß für rechtsverletzende Tätigkeiten genutzte Dienstleistungen“ erbringen würden.
„Dieses Urteil widerspricht jeder Logik. Soll künftig die Post für per Paket beförderte Rechtsverletzungen geradestehen, weil Transport ihre Dienstleistung ist?“ fragt der Vorsitzende des Digitale Gesellschaft e.V. Markus Beckedahl. „Der Gesetzgeber wollte das Ausmaß der Auskunftsansprüche beschränken. Die Richter des Bundesgerichtshofs hingegen schreiben, der Gesetzgeber wolle möglichst effektive Rechtsdurchsetzung.“, so Markus Beckedahl.
Bis heute wurde die Auskunft bei Bagatellverstößen, wie dem Teilen eines einzelnen älteren Musikstückes oder Filmes, von Gerichten abgelehnt. Der Digitale Gesellschaft e.V. fordert angesichts der Entscheidung den Gesetzgeber umgehend zum Handeln auf: „Schon bisher fehlt eine wirksame Deckelung von Abmahnungen und eine Bagatellklausel für Urheberrechtsverletzungen im Internet. Eine Klarstellung durch den Gesetzgeber ist hier dringend geboten“, erklärt Beckedahl. „Wenn der Gesetzgeber nicht will, dass künftig jeder Nutzer für jede noch so kleine Urheberrechtsverletzung Abmahnungen von Anwälten der Musik- und Filmindustrie erhält, muss er hier umgehend tätig werden.“
Der Digitale Gesellschaft e.V. setzt sich für eine umfassende Reform des Urheberrechts ein, um es mit dem digitalen Alltagshandeln wieder in Einklang zu bringen.
Bitte das Urteil nochmal lesen (oder wem geben, der sich damit auskennt). Folgende Aussage in der Pressemitteilung ist falsch: „Bislang galt, dass Internet Provider nicht für die Inhalte ihrer Nutzer haftbar sind. Die Leitsatzentscheidung des BGH ändert das“. Richtig ist: Provider müssen auch laut dieser Entscheidung nicht für die Inhalte selbst haften, sie müssen nur die Namen der Nutzer rausgeben, die das Lied über Tauschbörsen geteilt haben (und diese Nutzer sind es weiterhin, die für diese Rechtsverletzung haften und die Abmahnung erhalten).
Und so geht es in der Pressemitteilung munter weiter: „Dieses Urteil widerspricht jeder Logik. Soll künftig die Post für per Paket beförderte Rechtsverletzungen geradestehen, weil Transport ihre Dienstleistung ist?“ Tja, genau das sagt das Urteil nicht. Aber auch bei der Post ist es so, dass die Post z.B. an der Grenze oder am Flughafen dem Zoll die Kontrolle des Inhalts von Paketen ermöglichen muss. Wenn der Zoll was findet, wendet er sich an den Empfänger – der haftet dann allein. Die Post darf nicht, bevor sie die Pakete an den Zoll zur Kontrolle übergibt, die Namen der Empfänger unkenntlich machen, sondern sie muss über die Namen der Empfänger Auskunft geben. Das heißt aber noch lange nicht, dass sie für alle Zollvergehen haftet.
wobei ich aus meiner anti-abmahn-anwaltstätigkeit berichten kann, dass bislang auch schon auskunft erteilt wurde die annahme einer gewerblichen nutzung bereits zur auskunft führte mit den vielen leidigen störerhaftungsfällen. trotzdem schlimm genug, dass es der bgh noch weitergehend klarstellt.