Bundesregierung muss Etikettenschwindel beim Internetzugang verhindern und Netzneutralität sicherstellen
Zur Anhörung des Wirtschaftsausschuss des Deutschen Bundestages am 08.06.2011 zur Änderung telekommunikationsrechtlicher Regelungen erklärt der Verein Digitale Gesellschaft:
Die Bundesregierung hat mit den vorgelegten Entwürfen zur Umsetzung europarechtlicher Vorschriften in nationales Recht nur Trippelschritte in die richtige Richtung gemacht. „Die geplanten Maßnahmen zur Sicherstellung der Netzneutralität, wie sie im Koalitionsvertrag festgeschrieben wurde, sind eine Mogelpackung und stärken die Nutzerrechte nur unerheblich“, erklärt Markus Beckedahl, Vorsitzender des Vereins Digitale Gesellschaft. „Es ist nun an den Bundestagsabgeordneten, dafür zu sorgen, dass nur neutrale Netz-Zugänge auch als Internet bezeichnet werden dürfen und die Nutzer das bekommen, was sie erwarten.“
Wichtig ist insbesondere die Aufnahme einer ergänzenden Regelung im Telekommunikationsgesetz TKG, die die Analyse und Unterdrückung des Datenverkehrs durch Provider unterbindet, soweit diese nicht technisch bedingt zur Aufrechterhaltung des Netzbetriebs notwendig ist. „Manche Provider behaupten, es gebe bei ihnen eine strukturelle Netzüberlastung – bleiben dafür aber bislang jeden Beweis schuldig“, so Beckedahl weiter. „Derzeit mangelt es in jeder Hinsicht an Transparenz: Ob und wie Internetprovider in den Datenverkehr eingreifen und bestimmte Inhalte drosseln oder priorisieren, darüber schweigen diese sich aus.“
In seiner Stellungnahme hat der Verein Digitale Gesellschaft zudem die geplanten Regelungen im Fall von Datenzugriff durch Unbefugte („Datendiebstahl“) als unzureichend und europarechtlich fragwürdig kritisiert. „Nur weil personenbezogene Daten heute verschlüsselt sind, heißt das noch lange nicht, dass diese auch langfristig ausreichend vor unbefugtem Zugriff geschützt sind. Provider sollten auch in solchen Fällen ihre Kunden informieren müssen,“ so Markus Beckedahl.
Der Verein Digitale Gesellschaft tritt für Bürgerrechte in der Netzpolitik auf nationaler und internationaler Ebene ein. Er wurde 2010 in Berlin gegründet und ist eine Antwort auf das Übergewicht großer Wirtschaftsverbände im politischen Dialog. Vorsitzender ist Markus Beckedahl, Gründer des deutschen Weblogs netzpolitik.org und Mitglied der Enquête-Komission „Internet und Digitale Gesellschaft.“
Das nur an der Bezeichnung festzumachen wäre auch ein Fehler. Wäre ich ein Anbieter, der auf Netzneutralität scheißt, würde ich das einfach unter dem Schlagwort „Highspeed-Zugang“ vermarkten, und machen was ich will. Namensgebundene Beschränkungen sind leicht zu umgehen. Manche leichter, manche weniger leicht. Konfitüre kommt auch keinem mehr komisch vor.