Hier geht es direkt zur Petition von Algorithmwatch

Die ungarische Regierung verbietet die Pride-Parade und könnte nun mit Gesichtserkennungssystemen beim kommunalen „Tag der Freiheit“ in Budapest Teilnehmende identifizieren und kriminalisieren.

Gemeinsam mit rund 50 Europäischen NGOs haben wir die EU-Kommission aufgefordert, ein Vertragsverletzungsverfahren einzuleiten. LGBTQIA+ Events dürfen nicht illegalisiert werden und der Einsatz solcher Systeme verstößt gegen den AI-Act!

Hier kommen zwei Verletzungen der Grundrechte zusammen: Orbans Regierung verbietet die Budapest Pride Parade, also den CSD der queeren Community in der ungarischen Hauptstadt (angeblich aus Jugendschutzgründen). Leider nicht verwunderlich bei der rechten Regierung, aber an sich schon nicht zu vereinbaren mit der europäischen Grundrechtecharta.

„Die Kommission hat bereits rechtliche Schritte gegen Ungarn wegen eines queerfeindlichen Gesetzes aus dem Jahr 2021 eingeleitet, das LGBTQ-Inhalte in Schulen, Buchläden und im Fernsehen verbietet. Kinder und Jugendliche haben seither kaum noch Zugang zu Informationen rund um queere Sexualität oder Transidentität. Werbung oder Sendungen zu diesen Themen sind aus dem Fernsehen verschwunden, Bücher dürfen nicht mehr offen im Buchladen ausliegen.“ netzpolitik.org, 24. 06. 2025

Glücklicherweise hat nun der Bürgermeister von Budapest angekündigt, einen „Tag der Freiheit“ zu organisieren. Ausdrücklich keine Demonstration, allerdings mit einer Prozession. Ohne die sonst üblichen Wagen, Kostüme oder der Zurschaustellung von Sexualität. Auch diese Veranstaltung will die Polizei verbieten, aber der Bürgermeister reagiert gelassen: „Die Polizeibehörde von Budapest hat ein Verbot für eine nicht existierende Versammlung erlassen und hätte mit derselben Härte auch Einhörner verbieten können.“ Quelle: ebenda

Die zweite Grundrechtsverletzung: Der Einsatz von Gesichtserkennungssystemen, den ein ungarisches Gesetz erlaubt, der aber gegen den AI-Act (KI-Verordnung) verstößt und dazu beitragen könnte, dass Teilnehmer*innen der Veranstaltung identifizieren kann und so im Nachhinein mit Strafen rechnen müssen.

Der Offene Brief

Gemeinsam mit rund 50 NGOs fordern wir die Europäische Kommission auf, gegen beide Verletzungen von EU Recht vorzugehen.

Konkret fordern wir, dass folgende Maßnahmen ergriffen werden:

1. Die Europäische Kommission sollte ein Vertragsverletzungsverfahren wegen Verstößen gegen EU-Recht, einschließlich Artikel 5 des AI-Gesetzes und damit verbundenen Verstößen gegen die Charta der Grundrechte, insbesondere das Recht auf friedliche Versammlung, einleiten. Wir fordern die Kommission auf, von den ungarischen Behörden sachdienliche Informationen über den Einsatz und die technischen Details der Gesichtserkennungstechniken anzufordern, da Anfragen zur Informationsfreiheit keine relevanten Informationen ergeben haben.

2. Die Europäische Kommission soll den EuGH ersuchen, eine einstweilige Verfügung gegen das ungarische Anti-LGTB-Gesetz aus dem Jahr 2021 zu erlassen, das als Rechtsgrundlage für das Verbot von LGBTQIA+ bezogenen öffentlichen Versammlungen, einschließlich des Budapest Pride, dient, das durch dieses neue Änderungspaket eingeführt wurde.

Den ganzen Brief mit allen mitzeichnenden Organisationen findet Ihr bei liberties.eu oder hier als .pdf (beides auf Englisch)

Die Petition

Parallel gibt es bei Algorithm Watch eine Petition, die Ihr mitzeichnen könnt:

Es reicht! Massenüberwachung im öffentlichen Raum wird in der Europäischen Union (EU) zur Realität, obwohl vorhandene EU-Gesetze uns eigentlich davor schützen sollten. Dadurch stehen unsere Grundrechte massiv unter Beschuss. Wir dürfen nicht tatenlos zusehen – jetzt Gesichtserkennung stoppen, jetzt Petition unterschreiben!

Am 28. Juni findet die Pride-Parade in Budapest statt. Die ungarische Polizei darf schon bei geringfügigen Ordnungswidrigkeiten Live-Gesichtserkennungssysteme einsetzen, zum Beispiel bei einer Teilnahme an der Pride-Parade oder wenn jemand bei Rot über die Straße geht.[1] Denjenigen, die mithilfe dieser Technologie aus der Ferne identifiziert werden, droht eine Strafe. Die LGBTQIA+-Community in Ungarn wird so gezielt eingeschüchtert und kriminalisiert. Das ist untragbar!

Diese Form der Massenüberwachung führt zu einem Verfall unserer Grundrechte. Durch den Einsatz von Überwachungstechnologie könnten die Meinungsfreiheit und das Recht auf freien Protest eingeschränkt werden.

Für die EU ist es jetzt an der Zeit, Zähne zu zeigen und die KI-Verordnung durchzusetzen. Denn sie verbietet Live-Gesichtserkennung für Massenüberwachung im öffentlichen Raum.[2] Für die EU-Mitgliedsländer sollte das Vorgehen der ungarischen Regierung ein Weckruf sein, der Gesichtserkennung im öffentlichen Raum endgültig ein Ende zu setzen.

https://algorithmwatch.org/de/pridewithpride