Seit 2002 schützt die sogenannte ePrivacy-Richtlinie die Grundrechte und die Privatsphäre der EU-Bevölkerung bei der elektronischen Kommunikation. Doch seither hat sich viel getan: Statt Telefon und SMS nutzen die meisten Menschen mittlerweile VoIP-Dienste wie Skype oder FaceTime und Messenger-Dienste wie WhatsApp oder Signal. Diskussionen um Online-Tracking oder Geolokalisierung waren vor 15 Jahren noch Expertenthemen. Eine Reform war daher überfällig und so legte die Europäische Kommission im Januar 2017 einen Vorschlag zur Überarbeitung vor. Schon nächste Woche, am 11. Oktober, wird eine erste wichtige Hürde im EU-Parlament genommen: Das Reformpaket wird im federführenden LIBE-Ausschuss zur Abstimmung gestellt. Dabei könnten Verbraucherrechte und der Datenschutz über Bord geworfen werden. Nach intensiven Lobbybemühungen seitens der Wirtschaft droht die Reform zur Farce zu werden. Hier sind die potenziellen Gefahren für Verbraucherinnen und Verbraucher:
- Vor allem durch das „berechtigte Interesse“ von Unternehmen an einer Datenauswertung drohen Einschnitte für die Verbraucherinnen und Verbraucher beim Datenschutz. Ohne Zustimmung der Nutzerinnen und Nutzer könnten Unternehmen künftig auf Kommunikationsdaten zugreifen, um diese für ihre „berechtigten Interessen“ zu nutzen.
- Ein weiteres Problem: Online-Tracking. Statt Browser mit einer datenschutzfreundlichen Voreinstellung auszuliefern (privacy by default) droht Nutzerinnen und Nutzern ein Dschungel an Einstellungsmöglichkeiten, um ihre Privatsphäre zu schützen.
- Auch in Kaufhäusern könnten wir ohne unsere Zustimmung mit Offline-Tracking überwacht werden: Ähnlich wie bei der Videoüberwachung müsste lediglich eine Informationstafel angebracht werden, um die Konsumenten aufzuklären, dass ihre Geodaten gespeichert und ausgelesen werden. Eine explizite Zustimmung wäre nicht nötig.
- Umstritten ist auch die Verschlüsslungspflicht bei der elektronischen Kommunikation. Noch ist unklar, ob eine verpflichtende Ende-zu-Ende Verschlüsslung ohne Hintertüren vorgeschrieben wird.
- Schlussendlich ist auch die Vorratsdatenspeicherung (VDS) von Kommunikationsdaten ein Thema für die Reform. Die Urteile des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zeigen deutlich, dass die VDS gegen die Charta der Grundrechte verstößt. Doch in den Mitgliedstaaten der EU gibt es immer wieder Bestrebungen nationale Lösungen zu finden. Diese könnten durch eine klare Regelung in der ePrivacy-Reform unterbunden werden.
Setzt euch für die Grundrechte und Verbraucherrechte bei der ePrivacy-Reform ein und kontaktiert jetzt eure Abgeordneten! Mit dem kostenlosen Anruftool der Datenschutzaktivisten von LQDN könnt ihr die MEPs in Brüssel anrufen: https://eprivacy.laquadrature.net/-piphone/
Die ePrivacy-Reform haben wir bereits bei „In digitaler Gesellschaft“ thematisiert:
und auch bei unserem Netzpolitischen Abend:
Zu Beginn der Reform haben wir das Thema ebenfalls bei IdG besprochen: