Pressemitteilung vom 14. November 2013

Die Pläne der CDU/CSU und SPD im Rahmen der Koalitionsverhandlungen zur Reform des Urheberrechts werden den Erfordernissen des digitalen Zeitalters in keiner Weise gerecht. Statt auf die Herausforderungen der Digitalisierung endlich angemessen zu reagieren soll veraltetes Urheberrecht zementiert werden. Statt auf Kreativität und neue Märkte zu setzen will die neue Bundesregierung offensichtlich eine Art ACTA in Deutschland einführen. Die Vorschläge ähneln dem im Juni 2012 nach massiven Protesten der Bevölkerung abgelehnten internationalen Anti-Produktpiraterie-Handelsabkommen ACTA. Die Verhandler zeigen damit, dass sie aus den vergangenen Protesten und Diskussionen nichts gelernt haben.

„Der Abschnitt zum Urheberrecht liest sich wie von der Verwerterlobby diktiert,“ zeigt sich Markus Beckedahl, Vorsitzender des Digitale Gesellschaft e. V., entsetzt über die Pläne der großen Koalition zum Urheberrecht. „Die Verhandler haben die Zeichen der Zeit nicht erkannt und setzen ausschließlich auf Kriminalisierung und Verfolgung. Statt ein überfälliges Recht auf Remix einzuführen, werden Plattformen mit nutzergenerierten Inhalten bekämpft.“

Selbst in den wenigen Worten, in dem von den Verbrauchern die Rede ist, geht es nur um die Eindämmung von „massenhaften Rechtsverletzungen“ und dass dafür die Diensteanbieter stärker in die Verantwortung genommen werden sollen. Vorschläge zur Eindämmung der Abmahnindustrie sucht man hingegen vergebens.  „Die ‚massenhaften Rechtsverletzungen‘ sind der beste Beweis für urheberrechtlichen Reformbedarf, der nicht nur in einem Ruf nach mehr Rechtsdurchsetzung bestehen kann,“ kritisiert Beckedahl und warnt: „Die Pläne der Verhandler sind Nutzerfeindlich und bedrohen den Internetstandort Deutschland. Schon heute behindert ein restriktives Urheberrecht Innovation und Remixkultur im Internet. Die vorliegenden Vorschläge sind angesichts dessen ein unglaublicher Rückschritt.“

Auch wegen der ohnehin restriktiven Rechtsprechung des BGH zum Haftungsprivileg für Hostprovider bedrohen weitere gesetzliche Einschränkungen Plattformen mit nutzergenerierten Inhalten wie YouTube oder die Wikipedia in ihrer Existenz. Beckedahl: „Eine weitere Einschränkung des Haftungsprivilegs für Hostprovider birgt gemeinsam mit dem unflexiblen und veralteten Katalog an Schrankenbestimmungen die Gefahr, dass innovative Dienstleistungen bedroht werden oder gar nicht erst entstehen.“

Die Forderung nach einem Ausbau europäischer und internationaler Vereinbarungen zur Rechtsdurchsetzung kann nur als Versuch gelesen werden, Abkommen zur Privatisierung der Rechtsdurchsetzung wie ACTA und ähnliche Abkommen wie TAFTA/TTIP wiederzubeleben. Ein Bekenntnis zu einer überfälligen Modernisierung und Flexibilisierung des Urheberrechts auf europäischer Ebene fehlt hingegen. „Mit ihren Vorschlägen zum Urheberrecht übertreffen die Pläne der Koalition unsere schlimmsten Befürchtungen. Die Verhandler wollen offenbar allein die Partikularinteressen der etablierten Verwerterlobby befrieden, Regelungen für die große Mehrheit der Internetnutzer sucht man in den Vorschlägen leider vergebens.“, so Beckedahl abschließend.

Der aktuelle Verhandlungsstand der Arbeitsgruppe Innen & Justiz:

Wir wollen das Urheberrecht den Erfordernissen und Herausforderungen des digitalen Zeitalters anpassen. Zum effektiveren Schutz von Markeninhabern, Urhebern und anderen Kreativen vor Rechtsverletzungen im weltweiten digitalen Netz streben wir den Ausbau verbindlicher europäischer und internationaler Vereinbarungen an. Als wesentlichen Beitrag zum Schutz der Verbraucher und zur Eindämmung von massenhaften Rechtsverletzungen sehen wir die Diensteanbieter im Internet stärker in der Verantwortung. Wir wollen die Rechtsdurchsetzung insbesondere auch gegenüber Plattformen verbessern, deren Geschäftsmodell im Wesentlichen auf der Verletzung von Urheberrechten aufbaut. Wir werden dafür sorgen, dass sich solche Diensteanbieter nicht länger auf das Haftungsprivileg, das sie als sogenannte Hostprovider genießen, zurückziehen können und insbesondere keine Werbeeinnahmen mehr erhalten. Um Rechtsverletzungen vorzubeugen, werden wir die Medienkompetenz der Internetnutzer stärken und sie besser in die Lage versetzen, zwischen legalen und illegalen Angeboten im Netz zu unterscheiden. Wir wollen die kollektive Rechtewahrnehmung durch Verwertungsgesellschaften stärken. Wir wollen Verhandlungen und Streitigkeiten über die Höhe der Privatkopievergütung schneller, effizienter und einfacher gestalten und werden eine Hinterlegungspflicht für gesetzliche Vergütungsansprüche einführen. Um die Position des Urhebers zu verbessern und Kreativen eine angemessene Vergütung zu ermöglichen, bedarf es einer Überarbeitung des Urhebervertragsrechts. Dabei müssen wir feststellen, ob Verhandlungs- bzw. Konfliktlösungsmechanismen effizient genug ausgestaltet sind und ob das Verfahren insgesamt beschleunigt werden muss sowie die Verbindlichkeit des Schlichtungsverfahrens zu verbessern ist.