Der Digitale Gesellschaft e.V. begrüßt im Grundsatz den Vorstoß der Sozialdemokraten, mit einer Bundesratsinitiative die Haftung für offene WLAN-Netze gesetzlich wieder zu begrenzen, nachdem der Bundesgerichtshof diese 2010 deutlich verschärft hatte. Damit übernimmt die SPD den Vorschlag aus dem Gesetzentwurf zur Ergänzung des § 8 des Telemediengesetzes, den der Digitale Gesellschaft e.V. Ende Juni veröffentlicht hat, und setzt zugleich ein Zeichen für den Willen zum besseren Schutz der Bürgerinnen und Bürger vor dem Abmahn-Unwesen im Internet. „Die Idee ist gut, aber die Ausführung hat noch gefährliche Schwächen“, erläutert Markus Beckedahl, Vorsitzender des Digitale Gesellschaft e.V.

Aus Sicht der Nutzerinnen und Nutzer des Internet ist der Vorschlag unzureichend, da die SPD die Forderung des Digitale Gesellschaft e.V. nicht aufgenommen hat, auf Filterpflichten für WLAN-Betreiber zu verzichten. Nach dem SPD-Vorschlag sollen sie stattdessen nicht näher beschriebene, aber technisch sinnlose Sperrtechniken benutzen, um sich von der Haftung zu befreien. Außerdem sollen WLAN-Betreiber zukünftig ihre Nutzer persönlich identifizieren müssen, um Strafverfolgung und Abmahnungen sicherzustellen, anstatt sie zu begrenzen. „Wenn die großen Provider wie etwa Telekom und Kabel Deutschland – völlig zu Recht – ihren Nutzerinnen und Nutzern nicht hinterher schnüffeln müssen, was sie im Internet tun – warum sollte das ein Mini-Provider müssen, der ein öffentliches WLAN betreibt?“, so Markus Beckedahl.

Für Bürgerinnen und Bürger, die unterwegs freie WLAN-Netze nutzen wollen, wäre dies ein echtes Eigentor. Niemand würde bei solchen bürokratischen Hürden und verbleibenden Risiken, wenn nicht „gut genug“ gefiltert wird, sein Netz öffnen. Im Gegenteil steht eher zu befürchten, dass noch mehr Netze abgeriegelt werden. Der SPD-Vorschlag droht daher in seiner gegenwärtigen Form eher kontraproduktiv zu sein.

„Die SPD muss auf die Schnüffelpflichten im WLAN komplett verzichten. Damit könnte sie zeigen, dass sie die Bedenken der Bürgerinnen und Bürger aufnimmt und auf dem Weg ist, wirklich im Netz anzukommen“, sagt Beckedahl.

2 Meinungen zu “SPD-WLAN-Bundesratsinitiative: „Gute Idee mit gefährlichen Schwächen“

  1. Wolfgang Ksoll sagt:

    Die SPD in Berlin hat vor fast einem Jahr in der Koalitionsvereinbarung beschlossen, eine Bundesratsinitiative zur Störerhaftung bei öffentlichen WLANs durchzuführen.

    Die SPD in Hamburg hat vor Monaten verkündet, dass sie auch eine Bundesratsinitiative zur Störerhaftung bei WLANs machen will.

    http://www.hansjoerg-schmidt.de/mywp/2012/08/09/freies-wlan-in-hamburger-parks/

    (2001 hatte die CDU in Hamburg Wochen nachdem sie die SPD in der Regierung abgelöst hatte, eine Initiative für freie WLANs gestartet, ist aber offenbar gescheitert).

    Die Digitale Gesellschaft hat im Juni einen konkreten Gesetzentwurf vorgelegt, wie eine Änderung des Telemediengesetzes aussehen könnte:
    https://digitalegesellschaft.de/wp-content/uploads/2012/06/Digitale-Gesellschaft-Gesetzentwurf-Haftungsfreistellung-fur-offentliche-Funknetzwerke.pdf

    WIe man ereknnen kann, passt der Regelungsbedarf auf eine DINA4-Seite.

    Was ist so schwer, dass sich in Deutschland nichts bewegt, nur jahrelang immer wieder neue Absichtserklärungen gemacht werden?
    In New York hat man mit Störerhaftung überhaupt keine Probleme wie in der deutschnationalen Internetbehinderung konservativer Juristen. Bürgermeister Bloomberg treibt seit Jahren die Sachen voran und hat nun auch die Parks mit WLAN für die Bürger kostenlos ausrüsten lassen.

    In Deutschland dagegen gibt es nicht mal einen Gesetzentwurf durch die, die die Bundesratsinitiative 2011 angekündigt haben, sondern nur die Absichtserklärung, im Bundesrat prüfen zu lassen, wie man so etwas machen könnte?

    Bei der Geschwindigkeit der Untätigkeit (mittlerweile über 10 Jahre) verliere ich langsam den Glauben und halte die Entscheidung des Freifunk e.V. für richtig, ihre WLANs einfach nach Skandinavien zu schicken und dort mit dem Internet zu verbinden.

    Was machen wir falsch? Haben wir die falschen Regierungen, die falschen Juristen oder einfach keine Lust, wie Markus Beckedahl letztens meinte als er Zensur nach russisch-chinesischem Muster einführen wollte? Es gibt doch keine Entschuldigung: wenn es in New York geht, muss es auch in Berlin gehen. Die haben extra die Freiheitsglocke in Schöneberg aufgehängt, dass wir tagtäglich aus unserer Lethargie gerissen werden.

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