Widerstand regt sich gegen die Weitergabe, Speicherung auf Vorrat und Auswertung unserer Fluggastdaten, auch PNR (Passenger Name Records) genannt. Die Initiative NoPNR.org ruft dazu auf, das Sommerloch kreativ zu nutzen und allen Parlamentariern im Innenausschusses des EU-Parlaments (LIBE) eine Postkarte aus dem Urlaub (von zu Hause geht natürlich auch) zu schicken:
Immerhin trifft die Überwachung unbescholtene Bürger. Das wird besonders in der Reisezeit offensichtlich. 15 Jahre sollen die Daten für Profiling Zwecke genutzt werden – das ist absurd und ein unverhältnismäßiger Eingriff in die Privatsphäre der Bürger!
Hintergrund
Wer jetzt in den Urlaub fliegt, oder schon dort angekommen ist, sollte sich nämlich darauf einstellen, dass beim An- oder Überfliegen bestimmter Lufträume zahlreiche Daten (Name, Wohnadresse, Telefonnummer, E-Mail-Adresse, verfügbare Zieladressen und -Telefonnummern, Kreditkarteninformationen, eventuelle Mitreisende, Flugzeiten, Buchungsklasse, eventuelle Sitzplatzpräferenzen, Wünsche zur Verpflegung, Informationen zum Gepäck, Name des Reisebüros, Sachbearbeiter der Buchung, Reisestatus…) gespeichert, weitergegeben und ausgewertet werden können.
Die Bedingungen hierfür verhandelt die EU derzeit nämlich mit den USA, Kanada und Australien. Ziel der Übung ist natürlich, mutmaßlichen Terroristen auf die Spur zu kommen und Passagier-„Profiling“, also die Einstufung der Fluggäste in Risikokategorien, durchzuführen. Dazu werden die Daten von den Fluglinien bei der Buchung gesammelt, an die Sicherheitsbehörden weitergegeben und dort nach Gutdünken ausgewertet. Nach einem Leak im Guardian Ende Mai kam heraus, dass die USA unsere Daten 15 Jahre lang behalten möchten. Im EU-Australien-Abkommen soll es eine Speicherfrist von 5 Jahren geben. Auch nach Kanada fließen bereits seit einiger Zeit Daten, obwohl weder das EU-Parlament noch nationale Parlamente zugestimmt dem haben.
Dies ist aber noch nicht alles: Nun sollen wir auch ein eigenes innereuropäisches PNR-System geben. Erst vor kurzem beschloss der EU-Ministerrat im Geheimen und trotz bestehender Datensammlungen wie dem Schengen Information System (SIS), dem Visa Information System (VIS) oder dem Advanced Passenger Information System (API), dass eine Datenspeicherung mittels EU-PNR-Richtlinie notwendig ist. Der Vorschlag wurde von EU-Innenkommissarin Censilia Malmström ausgearbeitet (pdf).
Datenschützer bezweifeln, ob die massenhafte und verdachtsunabhängige Weitergabe und Speicherung personenbezogener Daten aller fliegenden EU-Bürger überhaupt mit dem EU-Recht zu vereinbaren und ob sie notwendig und verhältnismäßig ist. Laut Urteil des Bundesverfassungsgerichts über die Vorratsdatenspeicherung vom 2. März 2010 sind ja in Deutschland maximal sechs Monate zulässig. Unklar bei den verhandelten Abkommen ist außerdem, was überhaupt mit den Daten am Zielort geschieht.
Also legt kurz das Buch beiseite, macht Euch das Sommerloch nett und schreibt ein paar Karten an die Parlamentarier hier aus dieser Liste. Schicke Fotos kann man nachher an info (at) nopnr (Punkt) org oder auch an info (at) unwatched (Punkt) org wo es nach dem Sommer einen Best-of PNR-Protest gibt.