Pressemitteilung des Vereins Digitale Gesellschaft e.V. zur Novellierung des Telekommunikationsgesetzes

TKG-Novelle verpasste Gelegenheit für Internetstandort Deutschland

Zur heutigen Bundestagsdebatte zu Änderungen am Telekommunikationsgesetz erklärt Markus Beckedahl, Vorsitzender des Vereins Digitale Gesellschaft: „Die Bundesregierung hat die Gelegenheit verpasst, tatsächlich einmal etwas für den Internetstandort, für Nutzer und Wirtschaft in Deutschland zu tun. Statt leerer Worte wäre eine gesetzliche Regelung notwendig gewesen, die die Netzneutralität garantiert und dafür der Bundesnetzagentur und der Öffentlichkeit die notwendigen Instrumente an die Hand gibt.“

Netzneutralität ist das Grundprinzip, auf dem das heutige Internet aufbaut: Daten werden ungeachtet ihres Inhalts, Absenders, Empfängers und ihrer Größe gleich durch das Netz befördert. Verschiedene große Telekommunikationsfirmen und andere Player möchten dieses Prinzip aufweichen, um für bestimmte Leistungen Extraaufschläge verlangen zu dürfen. „Die Novelle wäre die beste Gelegenheit gewesen, festzuschreiben, dass die Provider nicht beliebig im Internet herumpfuschen dürfen und es dann noch als solches verkaufen dürfen“, erläutert Markus Beckedahl. „Die jetzt vorgeschlagenen Regelungen führen zu nichts. Wir werden auch weiterhin nicht wissen, welche Provider am Verkehr ihrer Kunden herumpfuschen, Inhalte verlangsamen oder bevorzugen.“ In einer Stellungnahme zur TKG-Novelle hatte der Verein Digitale Gesellschaft vorgeschlagen, einen §88a Nichtanalyse/Nichtunterdrückung ins Telekommunikationsgesetz einzufügen.

Abgeordnete von CDU, CSU und FDP äußerten, dass der Markt für Netzneutralität sorgen würde. „Aber wie soll ein Markt funktionieren, wenn niemand weiß, was die Anbieter wirklich anbieten? Ohne Netzneutralität hätten wir heute noch das teure, langsame und schlechte BTX aus Bundespostzeiten“, erklärt Beckedahl. Der Digitale Gesellschaft e.V. lehnt die Regelungen, die die Bundesregierung nun vorgeschlagen hat, daher ab. Dass Provider ihren Kunden zu gerne nur die halbe Wahrheit sagen, zeigte zuletzt am Mittwoch ein Urteil des Bundesgerichtshofs gegen die Deutsche Telekom AG: sie hatte bei einem VDSL-„Flatrate“-Internetzugang nicht ausreichend auf Drosselungen ab einem bestimmten Volumen hingewiesen.

CDU/CSU: Ertappt beim Versuch, die Vorratsdatenspeicherung wieder einzuführen

Ein besonders böses Foul versuchten Abgeordnete der Unionsfraktion während der Erarbeitung der Novelle: sie wollten im §97, der die Entgeltabrechnung regelt, eine „Vorratsdatenspeicherung light“ einschmuggeln. Demnach sollten die Anbieter von Telekommunikationsdienstleistungen verpflichtet werden, Verbindungsdaten nicht mehr unverzüglich zu löschen, sobald diese nicht mehr für Abrechnungszwecke benötigt werden. Insbesondere der CSU-Abgeordnete Georg Nüßlein, der bislang durch netzpolitische Kompetenz nicht aufgefallen war, setzte sich für diese Wiedereinführung durch die Hintertür ein.

E-Privacy-Richtlinie bleibt unumgesetzt

Das Telekommunikationsgesetz musste die Bundesregierung aufgrund des sogenannten Telecom-Pakets, einem Bündel an EU-Richtlinien unter anderem zum Thema Netzneutralität, überarbeiten. Die Umsetzung hätte bis Mai 2011 stattfinden müssen. Die ebenfalls ursprünglich zur Mitregelung im Rahmen der TKG-Novelle angedachte Umsetzung der sogenannten e-Privacy-Richtlinie, die einen besseren Schutz von Nutzerdaten im Internet gewährleisten soll, hat die Bundesregierung bis auf weiteres auf Eis gelegt.