Heute und morgen findet die OECD-Konferenz „The Internet-Economy: Generating Innovation and growth“ statt.
Dazu wurde heute den Beteiligten der Entwurf des Abschlusscommuniqués vorgelegt. Zu loben sind die Betonung eines offenen, dynamischen und interoperablen Internets und des multi-stakeholder-Ansatzes. Allerdings befinden sich darin auch einige nicht hinzunehmenden Einschränkungen bürgerlicher Freiheitsrechte:
Providerhaftung soll ausgebaut werden
Der Entwurf der OECD-Empfehlungen beinhaltet strengere Providerhaftung zur Durchsetzung von geistigen Eigentumsrechten. Die zu erwartende Folge ist allgemein bekannt: Provider werden unter Druck gesetzt, präventiv zu Filtern, zu Löschen und zu Kontrollieren, um selbst einer möglichen Strafe zu entgehen.
Zensur-Verbot nur für „gesetzmäßige Inhalte“ – ohne Richtervorbehalt
Alle Garantien für freien Zugang beinhalten die Einschränkung auf „gesetzmäßige“ Inhalte. Die Tür für unsinnige Vorhaben wie Netzsperren und deren erhoffte Ausweitung gemäß den Interessen starker Lobbies bleibt also offen. Weiterhin wird Providern aufgrund ihrer Haftung die Verantwortung auferlegt, über Legalität und Illegalität zu richten. Das ist nicht nur rechtlich bedenklich: Es drängt die Provider automatisch zu einer restriktiven Auslegung um falsch-negative Interpretationen (und Strafen dafür) zu vermeiden. In dieser Frage muss am Richtervorbehalt festgehalten werden.
Kein Wort zur Netzneutralität
Obwohl sichergestellt werden soll, dass das Internet „offen und dynamisch“ bleibt, wird das zentrale Thema bei dieser Frage, die Netzneutralität, nicht behandelt.
Die Kritik der Zivilgesellschaft richtet sich zusammenfassend gegen die Abwägung geistiger Eigentumsrechte gegen bürgerliche Freiheitsrechte. Dies ist eine nicht hinzunehmende, unproportionale und ungerechte Abwägung. Bürgerliche Freiheiten sind eine Errungenschaft der Gesellschaft und müssen aus- statt abgebaut werden. Deshalb unterstützt der Verein Digitale Gesellschaft die Forderungen des Civil Society Information Society Advisory Council, einem Zusammenschluss aus über 80 Bürgerrechtsorganisationen und Einzelpersonen.