Zur Debatte um ein Leistungsschutzrecht für Presseverleger und die heute dagegen gestartete Onlineaktion von Google, bei der Nutzer auf der Startseite aufgefordert werden, als Lobbyisten im Sinne des Suchkonzerns zu agieren, erklärt Markus Beckedahl, Vorsitzender des Digitale Gesellschaft e. V.:

„Sowohl Google als auch die Presseverlage missbrauchen im Streit um ein Leistungsschutzrecht ihre Macht- und Marktpositionen um ihre jeweiligen Wirtschaftsinteressen zu artikulieren. Beim Leistungsschutzrecht geht es für diese beiden Seiten nur ums Geld“, so Beckedahl. Zwar sei das Leistungsschutzrecht auch aus Sicht der Nutzer falsch und abzulehnen, weil es digitale Meinungsfreiheit einschränkt und ein ohnehin überkomplexes Urheberrecht weiter verkompliziert. Aber die Signalwirkung der Lobbyschlacht hält der Vorsitzende des Digitale Gesellschaft e. V., der sich für die digitalen Rechte der Bürger und Verbraucher einsetzt, für fatal: „Wenn morgen Google und die Presseverlage bei der EU-Datenschutzreform plötzlich gemeinsame Sache machen, ist die öffentliche Meinungsbildung ganz schnell in Gefahr.“

Der Verein Digitale Gesellschaft ruft die Abgeordneten des Deutschen Bundestages auf, das Vorhaben eines Leistungsschutzrechts für Presseverleger abzulehnen und mit der angemessenen Ruhe und Tiefe nach der anstehenden Bundestagswahl gemeinsam mit Netzvertretern, Journalisten, Medienwirtschaft und Öffentlich-Rechtlichem Rundfunk Modelle zur Zukunft des Journalismus zu diskutieren. „Ein Leistungsschutzrecht für Presseverleger wird keines der strukturellen Probleme des Journalismus im Netz lösen können“, so Markus Beckedahl.

Der Digitale Gesellschaft e. V. wurde 2010 in Berlin gegründet und setzt sich für eine nutzer- und bürgerrechtsfreundliche Netzpolitik ein. Er arbeitet unabhängig, parteiübergreifend und kampagnenorientiert. Er finanziert sich durch Spenden und Mitgliedsbeiträge.

5 Meinungen zu “Lobbyschlacht ums Leistungsschutzrecht: Markt- und Machtpositionen nicht Missbrauchen!

  1. Christian Buggisch sagt:

    Jetzt helft mir mal und Hand aufs Herz: macht ihr nicht auch Lobby-Arbeit (mit der ich inhaltlich sympathisiere, nebenbei erwähnt)? Und ist es dann nicht albern sich darüber zu beschweren, dass andere Lobby-Arbeit machen?

  2. John Weitzmann sagt:

    Das sehe ich ähnlich: Irgendwie scheint der Anti-Google-Reflex alles zu dominieren. Um ja nicht in den Sog von Big G zu geraten wird jegliche politische Regung des Konzerns als unzulässige Desinformation abgewertet und damit letztlich den nachweisbar desinformierenden Burdas & Co. das Wort geredet.

    Ob man die Kampagne nun für besonders sinnvoll hält oder nicht, in diesem Falle haben sie meines Wissens zu keiner Zeit desinformiert. Eilige Distanzierungen wirken darum eher hilflos und vorgeschoben.

  3. Andreas Manessinger sagt:

    Merkwürdig. Wir alle sind uns einig, dass die traditionelle Presse in der Sache Leistungsschutzrecht eine massive Desinformationskampagne fährt, mit dem Ziel ihre Partikularinteressen durchzusetzen. Sie werden auch gewinnen, und zwar deshalb, weil es einfach niemand mit genügend Möglichkeit zur Publizität gibt, der sich dem entgegensetzen könnte.

    Niemand? Doch. Google hat ein großes Interesse daran, dass das Leistungsschutzrecht, aka „Lex Google“ nicht kommt. Jeder weiss es, sie sagen das, alles ist völlig klar und transparent.

    Frage: ist das nicht idiotisch, sich von so einen Verbündeten zu distanzieren? Google’s Suchseite bietet genau jene Publizität, die allen Kampagnen der Bürgerrechtsbewegungen im Gegensatz zu Bild & Co fehlt.

    Frage: ist das nicht auch irgendwie dumm, offen ein Ziel zu vertreten, wenn man alles tut, damit man es aus Gründen der „politischen Hygiene“ mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlcihkeit nicht erreichen kann? Scheitern in Reinheit, wem hilft’s?

    Was Google morgen tun wird, das wissen wir nicht. Was sie heute tun nützt uns. Da gibt es kein Problem. Das ist ja kein Bund fürs Leben, keine Hochzeit. Das ist einfach nur Politik.

    Wenn Springer, Burda und die anderen Verlage, eigentlich Konkurrenten auf Leben und Tod, gemeinsam ihre Interessen vertreten, dann heisst das ja auch nicht, dass sie fusionieren oder sich auch nur in irgendwelchen anderen Belangen abstimmen. Das ist normal, das ist OK, damit ein Problem zu haben ist politische Naivität.

    • Markus Beckedahl sagt:

      @Andreas Manessinger: Wir müssen es trotzdem nicht toll finden, wenn Google auf eine Desinformationskampagne der Verlage ebenfalls mit Desinformation antwortet, nur weil es gerade mal auch in unserem Interesse sein könnte.

      • Andreas Manessinger sagt:

        Ich hab mir Googles Seite jetzt nochmal angesehen. Wo bitte desinformieren die?

        Ich sehe da keine Ablenkung von Fakten, keinen Eiertanz zum Verschleiern der eigenen Interessen, wie ihn die Verlegerlobby seit Jahren hinlegt. Gar nichts. Nur einen Aufruf sich zu informieren und Stellung zu beziehen. Oder hab ich da jetzt etwas übersehen?

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